Die Kirche in Lennewitz
Lennewitz ist ein altes Bauerndorf und liegt auf einem Sandrücken an der Havelmündung in die Elbe. Nördlich und östlich wird die Landschaft geprägt durch leichte Sandböden und sumpfigen Bruch, südlich und westlich durch den schweren Lehm des Elbe-Urstromtals, der allerdings erst durch die Regulierung der Wasserverhältnisse im 20. Jahrhundert für den Ackerbau nutzbar wurde.
Die Kirche befindet sich seit jeher mitten im Dorf, ebenso wie der Kirchhof. Der Vorgängerbau der heutigen Dorfkirche war eine Fachwerkkirche mit freistehendem Glockenstuhl, die wohl aus der Zeit nach dem 30jährigen Krieg stammt.
Mit dem Aufschwung der Landwirtschaft zum Ende des 19. Jahrhunderts gelangten die Lennewitzer Bauern zu Wohlstand. Damals wurden die meisten Bauernhäuser in massiver Bauweise großzügig neu errichtet, wogegen die Kirche recht armselig wirkte. Als 1908 größere Baumaßnahmen anstanden, entschied die Gemeinde sich für einen kompletten Neubau, der unter der Leitung des Pfarrers Johannes Pfeiffer und tatkräftiger Mithilfe der Bauern in Angriff genommen wurde.
Die heutige Dorfkirche entstand bis 1910 nach Plänen des Architekten Georg Büttner - ein Meisterwerk des ländlichen Heimatsstils, der bewusst bäuerliche Traditionen und Motive in eine eigene architektonische Formsprache umsetzte. So zeigt sich das wichtigste Gebäude von Lennewitz mit seinem markanten, 32m hohen, weithin sichtbaren Turm und mit seinem steilen Ziegeldach selbstbewusst und selbstverständlich zugleich als bodenständiger Mittelpunkt des Dorflebens.
Im Inneren überrascht eine überaus reiche Ausstattung: Kanzel, Altar, Taufbecken, Gestühl, Tonnendecke und Kronleuchter sind kunstvolle Tischlerarbeiten, liebevoll bemalt mit Blumenmotiven. In der Ausmalung der Wände finden sich deutliche Anklänge an den Jugendstil.
Besondere Attraktion sind die vom Glasmaler Otto Linnemann gefertigten Fenster. Auf den vier Fenstern hinter dem Altar sind die Geburt und Auferstehung Christi sowie die Taufe des letzten Wendenfürsten 1136 und der Übertritt des Brandenburger Kurfürsten zum evangelischen Bekenntnis 1539 als Meilensteine der regionalen Kirchengeschichte dargestellt, auf den Fenstern im Kirchenschiff die Wappen der Lennewitzer Bauerngeschlechter, die alle am Neubau der Kirche ihren Anteil hatten.
Als Bestandteile der alten Kirche wurden lediglich die 1877 von der Firma Lütkemüller gefertigte Orgel und der Opferstock aus dem Jahre 1592 übernommen - durch ihre Farbfassung fügen sie sich jedoch harmonisch in das Gesamtkunstwerk ein. Die Orgel wurde 1977 durch die Firma Eberswalder Orgelbau restauriert.
Zu DDR-Zeiten wurde die Bauunterhaltung der Kirche vernachlässigt, so dass sie seit Mitter der 1970er Jahre nicht mehr benutzt werden konnte und sich nach der Wende in einem desolaten Zustand befand: Aufgrund von Schäden in der Dacheindeckung und im Dachstuhl sowie durchfeuchteten Wänden war der Bestand der Kirche unmittelbar bedroht.
Durch das unermüdliche Engagement von Kirchenältesten und mit Unterstützung des Bad Wilsnacker Superintendenten, durch viele private Spenden, Gelder von der Landeskirche und dem Denkmalschutz konnte zunächst 1993 die Bausubstanz von Grund auf saniert werden. 2004 wurde auch das Innere in ursprünglicher Schönheit wieder hergestellt.
Der Architekt Georg Büttner
Georg Büttner (1858 - 1914) war als preußischer Baubeamter und späterer Leiter des kirchlichen Bauamts im Konsistorium der Provinz Brandenburg einer der führenden Vertreter der Dorfkirchenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Er sah den Kirchenbau als Ausgangspunkt für eine vom Lande ausgehende religiöse Erneuerung. Neben Gemeinde- und Pfarrhäusern entwarf er etwa 20 Kirchen, von denen die meisten bis heute gut erhalten sind. Büttner fiel zu Beginn des 1. Weltkrieges.
Der Glasmaler Otto Linnemann
Otto Linnemann (1876 - 1961) aus Frankfurt am Main war einer der bedeutendsten deutschen Glasmaler seiner Zeit. Von 1923 bis 1943 hatte er an der Technischen Hochschule Darmstadt eine Professur für architektonische Malerei inne. Linnemann schuf kunstvolle Glasmalereien u.a. für den Frankfurter Kaiserdom, die Dome von Erfurt, Naumburg, Meißen, Kolberg und Königsberg, die Petrikirche in Kopenhagen, den Rittersaal im Marburger Schloss, die Universität in Groningen sowie für die Kapelle der deutschen Botschaft in Istanbul . und eben auch für Lennewitz.