Wort zur Woche
von Pfarrer Christian Gogoll
Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden. (Lukas 24,5-6)
Ostern mutet uns viel zu. Ostern mutet uns zunächst zu, dorthin zu gehen, wo Trauer herrscht, wo der Tod ist. Das war schon vor 2.000 Jahren so. Zum Grab gehen die Frauen, und auch wenn der Engel ihnen sagt, dass sie den Lebenden nicht bei den Toten suchen sollen, weil er auferstanden ist, begegnet ihnen der Auferstandene dort. Tod und Leid auszublenden, versperrt den Blick auf die Auferstehung.
Ostern mutet uns den Blick auf den Tod zu. Es wird nicht Ostern ohne den Karfreitag. Ein bisschen glauben – das geht nicht. Gott kann es nur ganz geben und nicht in Teilen, glauben kann ich nur mit dem ganzen Leben und dem ganzen Sterben – auch das mutet uns Ostern zu.
Angesicht der Realität des Todes mutet uns Ostern zu, das scheinbar Unmögliche zu glauben. Die ersten Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung reagieren mit Fassungslosigkeit und Schrecken: „Tote sind tot“ – davon waren auch sie überzeugt. Da geht nichts mehr. Doch es geht noch was: Wenn ich bereit bin zu glauben, dass Gott immer mehr ist als mein Verstehen; dass er immer weiter ist als mein Horizont. Die Größe Gottes ist unermesslich und unfassbar. Ostern mutet uns zu, das zu akzeptieren.
Was Ostern uns zumutet, traut Gott uns zu. Er traut uns zu, den Durchbruch zu wagen zu den Sterbenden und Trauernden, ihr Leid nicht zu ignorieren. Er traut uns zu, nicht den leichten Weg zu nehmen, sondern seinem Sohn zu folgen. Er traut uns zu, die Mauern unseres Alltags zu durchbrechen: von der Feindschaft zur Versöhnung, von der Rechthaberei zur Vergebung, vom Egoismus zum Teilen, von der Gleichgültigkeit zur Liebe, von der Bequemlichkeit zum Engagement. Und er traut uns den großen Durchbruch zu: Gegen allen Augenschein an ihn, seine Liebe und lebensschaffende Kraft zu glauben.
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