Wort zur Woche
von Pfarrer Volker Sparre
Es ist weitgehend üblich und scheint vielen durchaus richtig, dass man fragt und danach sieht, was die Gesellschaft für einen tut und in welcher Weise man all seine Vorteile wahrnimmt und nutzt, die sich einem bieten. Es erscheint als lebenstüchtig, danach zu trachten, sich mit allen gebotenen Mitteln nach vorne zu bringen und das meiste für sich zu erreichen und dabei möglichst wenig zu investieren. Von den Auswüchsen erfahren wir dann als Betrugsskandale durch die Medien und wenn vor falsch deklarierten Produkten gewarnt wird. Weniger erscheint es schick und lebenstüchtig, wenn man danach fragt, was man der Gesellschaft schuldet und was man in guter Weise für die Allgemeinheit leisten kann.
Eine ganz andere Lebenseinstellung begegnet uns in dem Bibelspruch für die neue Woche. Der Evangelist Johannes zitiert Jesus Christus (Johannes 12,24): „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“
Jesus redet von sich, von seinem eigenen Leiden und Sterben. Jetzt in der Passionszeit vor Ostern besinnen wir Christen uns in besonderer Weise darauf, dass Jesu Christus sein Leben einsetzte, damit wir Leben haben, das wahrhaftige Leben in Fülle und mit bleibendem Wert von Gott her. Sein Opfer war einmalig und einzigartig. Er hat es für uns getan. Wir brauchen die Welt nicht zu erlösen, und können es auch nicht. Die Welt ist erlöst durch Christus. Das ist unsere Überzeugung. Aber es gilt für uns, Christus nachzuleben. Das heißt für uns, dass unser Leben auch nach den Maßstäben des Weizenkorns läuft, wenn wir Christus nachfolgen wollen. Das Bild ist deutlich. Es geht um ein Leben, das fruchtbar ist, das Frucht bringt und darin seinen Sinn hat. Es ist seinem Wesen nach persönliche Hingabe und Lebenseinsatz.
Manchmal mag es zunächst wie selbstlose Aufgabe aussehen, aber letztlich ist es ein erfülltes Leben und ein wirkungsvolles Tätigsein. Die Tiefe, in die das Weizenkorn muss, bedeutet erst einmal vorbehaltloser Einsatz. Das Bibelwort spricht von „Sterben“. So erscheint es einer-seits. Aber es ist der Beginn eines neuen Werdens. Neue Frucht wächst. In einem christlichen Leben geht es nicht ohne Hingabe und auch Aufgabe von manchem Gewohnten. Man muss verzichten auf unpassende aber lieb gewordene Maßstäbe, Methoden und Lebenseinstel-lungen. Man muss Vertrauen wagen. Aber letztlich wird unser Leben Frucht bringen. Die ist nicht gleichzusetzen mit Erfolg und Gewinn. In den Briefen des Neuen Testamentes der Bibel
ist im Zusammenhang mit dem Begriff „Frucht“ immer wieder zu lesen von Liebe, Gerechtig-keit und Wahrheit. Frucht ist auch nicht gleichzusetzen mit Leistung. Frucht ist um fassender, ist Lebenserhaltung und Wert des Lebens. Es ist Lebensreife, die sich zeigt im Miteinander und Füreinander. Frucht ist gelingendes Zusammenleben in aufrechter Schwester- und Brüderlichkeit, ist mitgeteiltes Leben. Es sind die Früchte des Glaubens, die Christus in mir wirkt. Früchte wachsen. Ihr Wachstum kann man nicht erzwingen, nur unterstützen und be- günstigen. Man kann nur wachsen lassen – mit Geduld, Staunen und Freude. So ist es auch mit den Früchten des heiligen Geistes. Aber man kann und muss auch das Feld des Glaubens beackern. Dann können sie wachsen, die Früchte des Glaubens und der Bramherzigkeit.
Und es ist wohl auch so, wie es Albert Schweizer einmal ausgedrückt hat: „Es weiß keiner von uns, was er wirkt und was er den Menschen gibt. Es ist für uns verborgen – und soll es bleiben. Manchmal dürfen wir ein klein wenig davon sehen, um nicht mutlos zu werden.“
Ein von diesem Sinn der Mitmenschlichkeit bestimmtes und in der Weise auf gelingendes Zusammenleben orientiertes Leben lohnt sich und beglückt letztlich mehr, als wenn man nur immer auf seinen Vorteil bedacht ist und von der Angst geplagt wird, nur nicht zu kurz zu kommen. Ich wünsche Ihnen ein von daher erfülltes Leben.
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