Wort zur Woche
von Pfr. Volkhart Spitzner
Ich danke, also bin ich
Wenn Sie jetzt diese Zeilen lesen, dann haben Sie ihre Zeitung vor Augen. Vielleicht liegt der morgendliche Kaffeeduft in der Luft und der Frühstückstisch steht noch vor Ihnen. Ich genieße am Samstagvormittag die Zeit, wenn sie mir dann geschenkt wird, mit den neuesten Nachrichten und den Berichten aus meiner Umgebung. Der Lokalteil ist meistens zuerst dran. Ich mache mir dann so meine Gedanken, reibe mich auch an so manchen Artikeln und Äußerungen. Aber diese Zeitungslektüre ist ein Ritual, welches ich nicht missen möchte.
Ein französischer Philosoph des 17. Jahrhunderts stellte einmal eine Behauptung auf, die noch heute berühmt ist: „Ich denke, also bin ich.“ Er wollte damit sagen: Im Unterschied zum Tier kann der Mensch denken, und erst im Denken wird sich der Mensch bewusst, dass er lebendig ist. Vielleicht ist mir deshalb das Zeitungslesen neben dem Kaffeetrinken so wichtig, da beides mir hilft „lebendig“ zu werden – alle Morgen neu. Aber ich möchte noch eine andere Behauptung dazu stellen, die uns noch bewusster macht, dass wir lebendig sind und unser Leben mit allen Fasern des Herzens spüren. Die Behauptung lautet: „Ich danke, also bin ich“. Es wird hell in meinem Herzen, wo man für das Kleinste danken lernt. Dieser Ausspruch stammt von Friedrich von Bodelschwingh, dem Begründer von Bethel. Täglich hatte er mit Menschen mit Behinderung zu tun.
Dabei beobachtete er immer wieder, wie sie über das ganze Gesicht strahlten, wenn sie Dankbarkeit empfanden. Und danken konnten sie für das Kleinste, für einen blühenden Löwenzahn und das Vergissmeinnicht, und kleine Käfer, die die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings begrüßten. Im Danken leben wir auf. Da geht unser Herz mit. Da pulsiert die Freude durch unsere Adern. Das Danken belebt uns und bringt eine Spannkraft in den vorher so müden Körper. Wenn wir dankbar sind, entspannen wir uns auch; kurzum: wer danken kann, hat mehr vom Leben.
Darum: ich danke, also bin ich. Manche meinen sogar, wer dankt, lebt länger. Der Beter im 63. Psalm spricht es so aus: „Mein Leben lang will ich dir danken und dir meine Hände im Gebet entgegenstrecken“. Eine 92-jährige Frau in meiner Nachbarschaft sagte mir zu ihrem Geburtstag: „Ich bin jeden Tag on neuem Gott dankbar, dass ich diesen erleben darf.“ Dankbar trinke ich nun meinen Kaffee, esse mein Brötchen, welches ich kurz zuvor aus den Händen zweier freundlicher Verkäuferinnen aus dem Bäckerladen bekam und genieße diesen Augenblick trotz mancher bedenklicher Nachrichten.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes und dankbares Wochenende. Pfarrer Volkhart Spitzner, Putlitz
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