Wort zur Woche
von Pfr. Alexander Bothe
„Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden…“
(Johann Wolfgang von Goethe, „Osterspaziergang“)
Die Natur explodiert in Blüten- und Farbenpracht, die Witterung meint es gut für Osterspaziergänge. Christen „feiern die Auferstehung des Herrn“. Das fröhliche Frühlingsfest ist bei genauem Hinsehen eine Provokation. Der gescheiterte und hingerichtete Wanderprediger aus Nazareth ist von den Toten auferstanden? Dass die Gerechten am Ende aller Tage von Gott zu neuem Leben auferweckt werden, war damals, als Jesus gekreuzigt wurde, verbreiteter Glaube. Dass solch eine Auferweckung aber bei einem einzelnen Menschen schon jetzt stattfindet, war ein besonderes Zeichen: Hier ist ein wirklich Gerechter gestorben. Die Auferstehung Jesu bedeutete damit zugleich, dass mit ihm all das auferstanden ist, wofür er stand:
Auferstanden ist die Liebe, die der Hass der Gegner glaubte beseitigen zu können. Auferstanden ist die Güte, die in der Gewalt der Henker untergegangen zu sein schien. Auferstanden sind Vergebung und Versöhnung, die Jesus lehrte und praktizierte und die die Kreuzigung zu verhöhnen schien. Auferstanden ist alles das, womit Jesus die Herzen so vieler gewonnen hat. Auferstanden ist der Mut, auf andere zuzugehen und Außenstehende zu integrieren statt auszugrenzen.
Ostern ist eine Provokation, die Mut macht, wenn der Ton aggressiver und das gesellschaftliche Klima schlechter wird oder wenn Menschen nach Abgrenzung und Ausgrenzung rufen. Christen feiern an Ostern, dass Jesus lebt und der „Herr“ ist. Sie machen ihn damit zum Maßstab und Ostern zu einer großen Demonstration gegen Ausgrenzung, Hass und Hetze. Ostern ist eine Demonstration gegen Eigeninteressen und Ausbeutung. Ostern ist eine Demonstration für Jesus und damit für Fairness, Menschenwürde und Liebe.
„Jeder sonnt sich heut so gern“, denn die Frühlingssonne tut der Seele gut nach den grauen Wintermonaten. Ebenso tut die Osterbotschaft der Seele gut, dass sich Liebe nicht vom Hass besiegen lässt. „Denn sie sind selber auferstanden“, wenn sie die Auferstehung des Herrn feiern, auferstanden zu neuer Hoffnung und auferstanden zu neuem Mut, wo plumpe Parolen von ausländischen „Messermännern“ Ressentiments schüren, wo Verschwörungsmythen und Unterstellungen das Vertrauen und das respektvolle Miteinander untergraben wollen. Wo Ostern als Auferstehung des Herrn gefeiert wird, wird am Ende jeder sagen können: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein“ (Goethe, Osterspaziergang).
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