Wort zur Woche

von Pfr. Alexander Bothe

Zeit der Erinnerungen

Windlichter erleuchteten am 9. November die Ecken eines Davidsternes auf dem Wusterhausener Marktplatz.

An dem Stern sammelten sich Menschen, um anlässlich des Jahrestages der Pogromnacht 1938 der ermordeten und vertriebenen Juden zu gedenken. Auch an vielen anderen Orten gab es Gedenkveranstaltungen. Morgen am Volkstrauertag werden an vielen Orten Kränze niedergelegt, um der Opfer der Kriege, Vertreibungen und Gewalttaten zu gedenken. Manches Mal sind es routinierte Veranstaltungen, an denen vor allem Vertreter der Kirche, der Politik und der Vertriebenenverbände teilnehmen. Ein größeres öffentliches Interesse wäre wünschenswert. Und doch ist es gut, wenn immerhin auf diese Weise Repräsentanten des gesellschaftlichen Miteinanders sich dem Gedenken stellen. In Wusterhausen ist dies seit einigen Jahren mit einem exemplarischen Erfahrungsbericht verbunden, so dass das allgemeine Gedenken ein persönliches Gesicht bekommt.

Die Erinnerung wahrt die Würde derer, die Opfer der Gewalt wurden. Mögen sie nicht auch noch in Vergessenheit geraten! Die Erinnerung dient außerdem der Mahnung, dass sich solche Gewalt nicht wiederholen soll, und ruft damit zugleich zum Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit auf.

Erinnerungskultur ist ein Stück jüdisch-christlichen Kulturerbes. Jüdischer und christlicher Glaube beruhen auf Ritualen der Erinnerung: Das jüdische Passahfest, aus dem das christliche Osterfest erwachsen ist, pflegt die rituelle Erinnerung an die Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei. Dankbare Erinnerung schafft Zuversicht. Das jüdische Purim-Fest erinnert an Pogrome gegen Juden, die bereits aus dem 5. Jahrhundert vor Christus überliefert sind. „Denk an die Tage der Vergangenheit, lerne aus den Jahren der Geschichte“, heißt es im 5. Buch Mose im Alten Testament.

Der Blick zurück in die Geschichte bei den Gedenkveranstaltungen ist wie der Blick in den Rückspiegel. Man schaut nach vorne, hat aber zugleich das Geschehen hinter sich vor Augen. Denn es geht um den Blick zurück für einen guten Kurs in die Zukunft.

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