Wort zur Woche

von Pfrn. Petra Leukert

Ein Blick auf den Kalender: Huch! Schon wieder September, schon wieder Herbst – meteorologisch jedenfalls beginnt der Herbst ab dem 1. September. Es ist auch schon zu spüren: Die große Hitze der Monate Juli und August ist vorbei, Gott sei Dank! Die kühlere Luft lässt uns aufatmen. Und doch ist es noch sommerlich genug für Spazierengehen und Sitzen in der Sonne.

Diese Tage, auch „Altweibersommer“ genannt, ist meine liebste Zeit im Jahr. Kurt Tucholsky nennt sie „Die fünfte Jahreszeit“, die er so beschreibt: „Wenn der Sommer vorbei ist und die Ernte in die Scheuern gebracht ist, wenn sich die Natur niederlegt wie ein ganz altes Pferd (…), dann ist die fünfte Jahreszeit. (…) – nun ist es vorüber. Nun sind da noch die Blätter und die Gräser und die Sträucher, aber im Augenblick dient das zu gar nichts; wenn überhaupt in der Natur ein Zweck verborgen ist. Im Augenblick steht das Räderwerk still. Es ruht.“

Ja, auch die Natur hat ihre Arbeit getan, im Übergang vom Sommer zum Herbst. Nun ist sie ganz für sich selbst da. Ein Gedanke, der mich innehalten lässt. Lebe ich nicht meist so, als wären die Dinge der Welt für mich da? Als wären die Pflanzen vor allem dazu da, mich und meine Artgenossen am Leben zu erhalten. Doch die Blumen blühen auch, wenn ich sie nicht sehe und  Fische tummeln sich im Meer, die nie ein Auge erblickt und es soll wohl noch immer Lebewesen geben, von deren Existenz noch kein Mensch weiß und doch sind sie da.

Wem gehört das Leben? Wem gehört die Erde? Das frage ich mich manchmal, wenn ich mir ansehe, wie wir Menschen uns einfach so bedienen an der Natur. Auch ich tue das so und ich habe keine andere Wahl, wenn ich überleben will. Doch möchte ich vermehrt daran denken, dass die Natur nicht mir gehört. Ich darf mich von ihr ernähren, doch die Pflanzen und Tiere gehören letztlich sich selbst – und Gott, der sie ins Leben gerufen hat.

Der Frühherbst ist eine gute Zeit, darüber nachzudenken, wovon ich lebe und wieviel davon mir nicht einfach zusteht, sondern Geschenk, Gnade und Gottes Segen ist. So kann ich dankbar diese letzten warmen Tage genießen. „Es ruht.“

Zitat aus Kurt Tucholsky, Die fünfte Jahreszeit. Aus: Ausgewählte Werke. Ausgewählt und zusammengestellt von Fritz Raddatz, Hamburg, 1965

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