Wort zur Woche
von Superintendentin Eva-Maria Menard
Segen für alle, aber nicht für alles!
Der Finanzminister heiratet und die Berichterstattung überschlägt sich, als wäre er ein Hollywoodstar. Mich irritiert das Interesse an dieser Hochzeit, denn wir leben in einer Demokratie, in der das Privatleben von Politikern privat sein möge. Ich erwarte von einem Finanzminister eine gute Finanzpolitik und dass er glaubwürdig - gemäß seiner politischen Agenda - redet und handelt. Ob Herrn Lindner das bei seiner Hochzeit gelungen ist?
Lindner und seine Frau haben für ihre Hochzeit den Segen erbeten, obwohl beide aus der Kirche ausgetreten sind. Ich verstehe den Ärger vieler Kirchenmitglieder, die seit Jahren in großer Verbindlichkeit Kirchensteuer zahlen, und damit die Arbeit der Kirche unterstützen. Sie ermöglichen überhaupt erst, dass Pfarrerinnen, die Menschen in besonderen Lebenssituationen segnend und seelsorgerlich begleiten, finanziert werden können.
Ich gestehe, auch ich habe schon mehrere Kinder getauft, deren DDR-sozialisierte Eltern keinerlei Berührung mit Kirche hatten, aber ihrem Kind etwas anderes wünschten. Ich habe ein Paar getraut, bei dem keiner von beiden einer Konfession angehörte und ich habe schon viele Angehörige zum Grab begleitet, obwohl der Verstorbene nicht (mehr) Kirchenmitglied war. Unsere kirchliche Ordnung gibt mir diesen Spielraum und ich glaube, wer nach Gottes Segen und geistlicher Begleitung in besonderen Situationen seines Lebens fragt, darf nicht einfach abgewiesen werden.
Jedes Mal gab es zuvor intensive, oft sehr seelsorgerliche Gespräche. Einmal lehnte ich eine Trauung ab. Ich hatte das Gefühl, dass die Kirche und ich nur Kulisse gewesen wären; das konnte und wollte ich nicht verantworten.
Ich weiß nicht, was zwischen dem Ehepaar Lindner/Lehfeldt und der Pfarrerin besprochen wurde. Es geht mich nichts an. Wer weiß, vielleicht hat Gott mit unserem Finanzminister noch segensreiche Dinge vor?
Ich weiß nur, dass ich allen, die trotz manchem Ärger und in mancher Krise ihre Kirchenmitgliedschaft verbindlich leben, und dafür auch bereit sind, monatlich etwas von ihrem Einkommen abzugeben, sehr dankbar bin für diesen selbstlosen Beitrag!
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