Wort zur Woche

von Pfarrer Daniel Feldmann

Der König kommt..!

„Der König kommt…!“ Wenn dieser Ruf erschall, dann erwarteten die Untertanen ihren Herrscher, einen richtigen König. Aber wie sah ein richtiger König aus? Nun, die Untertanen wussten es: Ein König musste königlich gekleidet sein, also mit Krone, Zepter, Schwert, Mantel... Macht und Reichtum musste er ausstrahlen, ein prachtvolles Abbild seiner glorreichen Herrschaft. So ritt der König in die Stadt, hoch zu Ross, dass Schwert in der Hand. Kein Feind würde es mit ihm aufnehmen!

Einen König haben wir nicht mehr, Gott sei Dank. Auch Untertanen sind wir nicht mehr. Beides stammt aus längst vergangenen Zeiten. Dennoch haben sich bestimmte Bilder und Vorstellungen bis heute gehalten. So sieht man beim Fasching so manchen König oder Herrscher, natürlich mit Krone, Schwert... Die königlichen Insignien von damals dürfen also auch heute nicht fehlen.

Apropos heute, am Sonntag zieht auch ein König in die Stadt ein. Aber er zieht nicht so ein, wie wir es uns wahrscheinlich vorstellen. Er kommt ohne Mantel, ohne Schwert, ohne königliche Insignien. Er reitet in die Stadt ein, das schon. Sein „Gefährt“ ist jedoch ein Esel, kein königliches Ross.

Dieser König reitet am sog. Palmsonntag nach Jerusalem. So erzählt die Bibel von diesem besonderen Ereignis: „Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und brachten die Eselin […] und er setzte sich darauf. Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere nahmen Palmzweige und streuten sie auf den Weg. Die Menge aber, die ihm voranging und nachfolgte, schrie: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“

Es wird hier berichtet von einem wahrhaft königlichen Einzug eines wenig königlichen „Herrschers“. Und dennoch feierten die Menschen ihren Regenten, ihren wirklichen König. Offenbar stimmt der Spruch, „Kleider machen Leute“, wohl doch nicht. Zumindest ließen sich diese Menschen nicht von Pracht und Prunk blenden. Sie setzten ihre Hoffnungen auf einen Menschen, der sich ihnen als König offenbart hat. Jesus half den Kranken und Schwachen. Er nahm sich der Menschen an, von denen sich andere abgrenzten. Er sprach von Verständigung und Frieden und überwand Grenzen von Menschen und Völkern.

Auch wenn inzwischen 2000 Jahre vergangen sind, ist die Hoffnung der Menschen zeitlos gültig: die Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Freiheit, nach Toleranz und Respekt. Wir alle dürfen uns nicht täuschen lassen von den Insignien der Macht: von großen Palästen und machtvollen Paraden, von „markigen“ Worten und Allmachtsphantasien. Jubeln wir stattdessen für die Friedlichen. Freuen wir uns mit den Gutmütigen. Weinen wir mit den Trauernden. Beten wir für die Opfer der „Macht“.

„Der König kommt...!“ Wenn der Ruf wieder erschallt, dann erwarte ich nicht Krone und Schwert. Ich erinnere mich lieber an Jesu Einzug in Jerusalem und denke dabei an die Worte von Gotthold Ephraim Lessing: „Der wahre Bettler ist doch einzig und allein der wahre König.“

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