Wort zur Woche
von Dr. Elisabeth Hackstein
Gott, schaffe Recht!
Als Nachkriegsgeborene ist es ein Geschenk für mich, im Frieden zu leben. Und doch: In vielen Ländern herrscht Krieg. Mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine ist die Bedrohung in unserer Nähe angekommen. Der Krieg zeigt sein grausames Gesicht mit zahllosen Toten und Verletzten und mit nahezu zwei Millionen Menschen auf der Flucht.
Da sprechen mich die Psalmen in der Bibel an, mit denen gedemütigte, der Gewalt und Ungerechtigkeit schutzlos ausgelieferte Menschen ihre Wut und Ohnmacht herausschreien, ihre verzweifelten Rachegedanken vor Gott tragen.
„Herr, du Gott, des die Rache ist, erscheine“, fleht der Beter in Psalm 94. „Erhebe dich, du Richter der Welt; vergilt den Hoffärtigen, was sie verdienen! Witwen und Fremdlinge bringen sie um und töten die Waisen und sagen: Der Herr sieht's nicht...“
Der Psalm spricht von der bitteren Erfahrung, dass die Mächtigen sich über Recht und Gesetz stellen und den Schutzlosen Gewalt antun. Doch die Betenden verlieren sich nicht in ihrer Wut. Sie wenden sich in ihrer Verzweiflung an Gott und bitten: Erscheine wie die Sonne, die am Morgen alle Dunkelheit vertreibt und schaffe Recht. Denn Recht, so der Psalm, muss Recht bleiben. Die Betenden vertrauen darauf, dass göttliches Recht stärker ist als menschliches Unrecht. Und Gottes Wege verlaufen jenseits menschlicher Rachegedanken. Seine Wege führen zum Schalom, und Schalom heißt Frieden und Gerechtigkeit, bedeutet: heilen und verzeihen, versöhnen und sich gegenseitig gelten lassen.
In der Ukraine sehen wir das Leid der Menschen, die der Gewalt von Kriegstreibern ausgeliefert sind. Die Lebensräume der Zivilbevölkerung werden zerstört und humanitäre Korridore für die Menschen auf der Flucht werden zum taktischen Spielball. Und wenn einmal der ersehnte Waffenstillstand erreicht wird, liegt ein langer und schwerer Weg vor der Ukraine und Russland, bis die Völker wieder in Frieden leben können. Beistand auf diesem Weg gibt ihnen unser Gebet, dass Gott erscheine und die Herzen der Kriegstreiber erreiche, dass sie ablassen von der Gewalt. Und dass er die Völker auf den Weg des Friedens leite.
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