Wort zur Woche

von Vikar Florian Lengle

Letztens ist es mir passiert: Ich habe geweint! Wie Sturzbäche liefen mir die Tränen über die Wange. Und das auch noch beim Fußball, kurz vor Anpfiff. Ausgerechnet in der Hochburg zur Schau gestellter Männlichkeit fange ich an zu weinen. Aber ich konnte einfach nicht anders. Je mehr ich weinte, umso mehr schämte ich mich. Und je mich ich mich schämte, umso mehr weinte ich. Irgendwann entschuldigte ich mich sogar. Ich hatte das beklemmende Gefühl, meine Emotion ist nicht angemessen. „Ein richtiger Mann weint nicht!“ oder „Reiß dich mal zusammen!“ das hört man als Mann, vor allem unter Männern, häufig in solchen Situationen. Und das beginnt bereits in der Kindheit. Ich hatte Glück. Mein Trainer nahm mich zu Seite, nahm sich Zeit mit mir zu reden, hörte mir zu, tröstete mich.

Morgen ist der erster Advent. Der Begriff Advent kommt vom lateinischen Wort „advenire“, was man mit „ankommen“ oder „eintreffen“ übersetzen kann. Im Kirchenjahr umfasst die Adventszeit die vier Sonntage vor Weihnachten. An Weihnachten wird im Christentum die Geburt, also die „Ankunft“ Jesu auf Erden gefeiert. Gott wird auf wundersame Weise Mensch. Und nicht irgendein Mensch, sondern ein kleines Kind, dass in einer Scheune umgeben von Tieren geboren wird. Gott ist nicht mehr der übermächtige Vater, sondern wird der schutzbedürftige Sohn. In dem kleinen Kind kommt Gott auf die Welt, das Mächtigste zeigt sich im Schwächsten.

Darauf warte ich dieses Jahr in der Adventszeit: dass dieses Gottesbild, was uns an Weihnachten zugesagt wird, auch auf unsere Gesellschaft abfärbt. Dass wir in der Zeit des Wartens erkennen, dass Gott kein Problem damit hat, sich schwach und verletzlich zu zeigen. Dass das, was im ersten Moment schwach wirkt, eigentlich stark ist. Darin erkenne ich für mich, dass es stark ist, nicht immer stark zu sein. Dass es gut ist sich verletzlich zu zeigen, zu weinen und Gefühle auch in der Öffentlichkeit zu zulassen – auch und gerade für Männer!

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