Wort zur Woche

von Dr. Elisabeth Hackstein

„Schon ins Land der Pyramiden flohn die Störche übers Meer; Schwalbenflug ist längst geschieden, auch die Lerche singt nicht mehr. Seufzend in geheimer Klage streift der Wind das letzte Grün; und die süßen Sommertage, ach, sie sind dahin, dahin!“ So dichtete einst Theodor Storm voller Wehmut über den Herbst.

Nun ist es wieder so weit:  der Abschied des Sommers unübersehbar. Das Grün der Bäume ist von gelben, braunen und roten Farben durchzogen und das Fallen des Laubes erinnert  an die Endlichkeit des Lebens. Im Herbst denken wir besonders an die persönlichen Verluste, die ein jedes Leben begleiten, denken an die Menschen, von denen wir uns verabschieden mussten. Denn die kürzer werdenden Tage, die schwindende Wärme, das fallende Herbstlaub zeigen uns die Vergänglichkeit und erinnern uns daran, wie kostbar unser aller Leben ist.

Aber da ist auch die helle, die leuchtende und farbenfrohe Seite des Herbstes. Als wolle uns die Natur trösten, zeigt sich das Herbstlaub in bunten Farben und rote Beeren leuchten an Büschen. In unserer Klosteranlage in Heiligengrabe blühen die Rosen noch einmal farbenprächtig auf, als wollten sie unseren Blick schon auf den nächsten Sommer lenken.

Besonders angetan haben es mir die herbstlichen Buchenwälder, die im Schein der Sonne wie pures Gold erstrahlen. Gold ist im christlichen Glauben die Farbe Gottes, die Ewigkeit, Heiligkeit und Vollkommenheit symbolisiert. Gold steht für das Reich Gottes. Die Urgesetze der Natur, das Werden und Wachsen, das Reifen und Vergehen liegen in seiner Hand. Und dann denke ich an Gottes Versprechen, dass er nach der Sintflut den Menschen gab: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Und ich freue mich in der herbstlichen Natur schon jetzt auf das Erwachen neuen Lebens.

Und so lese ich auch die letzte Strophe von Theodor Storms Gedicht, als Vorfreude auf Kommendes: „Und so leuchten Wald und Heide, dass man sicher glauben mag, hinter allem Winterleide liegt ein ferner Frühlingstag.“

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