Wort zur Woche
von Pfrn. Susanne Michels
Ich stehe in der Küche und schäle Äpfel. Kleine, rote Äpfel und pralle, grüne. Ich habe sie im Hof unter den Apfelbäumen aufgelesen. Viele Äpfel gibt es in diesem Jahr in unserem Hof. Manche haben Druckstellen, an manchen muss ich die wurmstichigen Stellen abschneiden, aber der Rest duftet säuerlich. Ich mag diesen würzigen Geruch der Früchte. Ich schneide die Kerngehäuse heraus und zerkleinere das Fluchtfleisch. Alles kommt in den großen Topf. Zu Apfelmus zerkoche ich die Äpfel. Es duftet.
Während ich die Äpfel schneide, wird mir das Tun meiner Hände und die Freude über den Duft in meiner Nase zum Gebet. Danke für die Früchte, die wachsen – jedes Jahr wieder. Danke für das, was wir ernten. Danke für das, was uns nährt und was wir verarbeiten und genießen können, beten meine Hände und meine Nase.
Während ich das kochende Mus rühre, geht mir durch den Kopf, ob das, was ich tue, nicht viel öfter zum Gebet werden könnte?
Wenn ich morgens auf der Bettkante sitze, könnte mein Körper beten, während er sich reckt und streckt: Danke, dass ich wieder die Kraft habe, mich aufzurichten, aufzustehen und in den Tag zu gehen.
Wenn ich die Jalousie hochschiebe, könnten meine Augen beten, während sie ins Morgenlicht blinzeln: Danke, dass ein neuer Tag geworden ist, danke für das Licht.
Wenn ich losgehe oder mit dem Fahrrad losfahre, könnten meine Füße und meine Beine beten: Danke für die Kraft und die Beweglichkeit.
Wenn ich vor dem Computer sitze und formuliere und plane, könnte mein Kopf beten: Danke für die Gedanken, danke für alle die Einfälle.
Wenn ich mit meiner Familie beim Essen sitze, könnten meine Augen, die die anderen in den Blick nehmen, und das gute Gefühl in mir beten: Danke, dass da Menschen sind, die ich gernhabe.
Jetzt sind die Äpfel im Topf weichgekocht. Ich stelle die Herdplatte ab, schnupper noch einmal, setzte mich dann aufs Sofa und zünde eine Kerze an. Danke, beten meine hochgelegten Beine und der Rücken, der am Sofakissen lehnt, danke für die Ruhe am Abend, für die Erschöpfung, für die Kraft, die ich heute einsetzen konnte.
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