Wort zur Woche

von Administrator

Endlich mal wieder ans Meer. Ich habe die Ostsee vermisst. Aufgrund der Corona-Verordnungen Mecklenburg-Vorpommers waren wir lang nicht mehr dort. Aber jetzt, wo es wieder möglich ist, werden wir an die Ostsee fahren.

Was ich am Meer mag: die Weite. Ich liebe es am Strand zu stehen und auf das Wasser zu schauen. Ich lasse meinen Blick bis zum Horizont schweifen. Über mir ist ganz viel Himmel. Ich höre das Rauschen der Wellen. Sie kommen und gehen. Ich spüre den Wind im Gesicht und rieche das salzige Wasser.

Der Blick in die Weite tut mir gut. Er beruhigt mich. Er lässt mich zur Ruhe kommen. Ich merke, wie alles, was mein Denken eingeengt hat, angesichts der Weite von mir abfällt. Erich Fried greift dieses Gefühl in einem Gedicht auf, das mit den Worten beginnt:

„Wenn man ans Meer kommt, soll man zu schweigen beginnen; bei den letzten Grashalmen soll man den Faden verlieren…“

Zu schweigen beginnen und dabei nach und nach den Faden zu verlieren, diese Erfahrung verbinde ich mit dem Blick auf das Meer. Ich stehe einfach nur da, schweige, schaue, lasse die Gedanken kommen und gehen ohne Richtung und ohne Ziel. Für einen Moment verliere ich den Faden, bin nicht mehr verstrickt in den Sorgen des Alltags. Ich lasse los. So gestärkt kann ich den Faden nachher auch wieder aufgreifen, mich neu sortieren und weiter machen.

„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ heißt es in Psalm 31. Ich stelle mir vor, wie der Mensch, der diesen Vers einst aufschrieb, ebenfalls in die Weite geblickt haben muss. Er wird auch geschwiegen und den Faden verloren haben. Er wird einen Moment der Ruhe und Besinnung, einen Moment der Freiheit und des Loslassens erlebt habt. Seinen Dank für diesen besonderen Moment richtet er an Gott. Er richtet seinen Dank an den Gott, der neue Räume eröffnen kann, wenn alles um uns herum eng zu werden droht.

Ich freue mich auf das Meer und auf den Blick in die Weite. Und ich wünsche Ihnen in den nächsten Wochen der Sommerferien, dass Sie Momente erleben, in denen Sie zur Ruhe kommen, schweigen, den Faden verlieren und sich Ihnen neue Räume eröffnen.

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