Wort zur Woche
von Pfr. Peter Radziwill
Wie lange noch?
Es ist nun schon die 6. Eindämmungsverordnung gegen die Corona-Viren, die unser aller Leben einschränkt. Ich kann mich freuen: Fünf Verordnungen habe ich schon überstanden. Ich kann aber auch ängstlich fragen: Wie viele Verordnungen werden noch kommen? Wir müssen geduldig sein, aber viele Menschen - auch ich - spüren, wie die Geduld zu Ende geht.
Wie lange noch? Viele Klagegebete der Bibel fragen so. „Wie lange verbirgst du dein Antlitz vor mir?“ „Wie lange soll ich sorgen in meiner Seele?“ Ich hätte gern jemanden, der sagt: Bis zu diesem Termin noch, dann ist es vorbei. Ich könnte mich darauf einstellen, Pläne machen, Übersicht gewinnen.
Nach vielen Wochen Homeoffice und Kontakteinschränkungen, in denen man sich vor allem in Videokonferenzen trifft, sagt ein Kollege: „Ich fühle mich wie Jona im Bauch des Wals. Ich will weg von all dem, was mich einschränkt und belastet und bin doch gefangen.“
Der biblische Jona wollte auch vor seiner Gegenwart fliehen. Er ging auf ein Schiff und fuhr einfach davon. Als dieses Schiff in Seenot geriet, ging er über Bord. Ein Walfisch kam daher und verschluckte ihn. Er ist gerettet und zugleich in Quarantäne, ohne Kontakt zu anderen Menschen und zur Außenwelt. Er weiß nicht, wie es weitergehen wird. Wie lange er jetzt noch aushalten muss.
Wie lange noch? Vieles ist ungewiss. Was ich tun kann, ist darauf zu warten, irgendwann an Land gespuckt zu werden. Wann wird das sein? Wo werde ich wieder an Land gehen? Wird mir dann klar sein, was meine Aufgabe ist?
Genau das möchte ich mich jetzt fragen lassen: „Stell dir vor, die ganze Krise ist vorbei und es ist gut geworden. Male dir den Tag nach der Krise konkret aus. Was tust du? Was hat dir geholfen, das alles zu überstehen? Was hat sich verändert? Was gilt es zu bewahren? Wohin möchte ich weitergehen?“
Vielleicht gelingt es mir schon jetzt im Bauch des Wals, in der gegenwärtigen Situation Antworten zu finden und Geduld, bis ich wieder festen Boden unter den Füßen habe. Bei Jona waren es schließlich drei Tage. Aber das wusste er nicht, als er verschluckt wurde.
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