Wort zur Woche

von Pfr. Volkhart Spitzner

Diese Tage und Wochen zeigen das ganze Wetterspektrum unseres Winters in Deutschland. Das frühlingshafte Tauwetter lässt die Pegelstände von Rhein und Elbe steigen. Wir erleben den Frost und den Schnee, die uns ein vergessenes Bild einer Winterlandschaft in Erinnerung rufen. Spaziere ich durch unser Städtchen Putlitz, dann entdecke ich den Wasserlauf der Stepenitz. Die kalten Temperaturen haben den Fluss noch nicht ganz gefrieren lassen und so bemerkt man auch hier den gestiegenen Pegel. Sobald der Schnee taut, schauen wir auf überschwemmte Wiesen, aus denen die Weiden jetzt grau und trocken hervorlugen. Für den Spaziergänger ist dieses Naturschauspiel schön anzusehen. Aber für Menschen, die unmittelbar am Wasser leben, oder bei Wind und Schnee arbeiten müssen, ist diese Zeit auch mit Unruhe, Angst und Schrecken verbunden.

So ist es auch, wenn Menschen gewohnte Lebensstrukturen verlieren. Und da haben wir ja alle unsere Erfahrungen  durch die Pandemie machen müssen. Ich vermisse meine Familie und die Freunde und die Begegnungen mit ihnen. Die liebgewonnenen Hobbys ruhen: kein Sport, die Treffen mit den Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr bleiben aus, kein Singen im Chor und das gemeinsame Kartenspiel ist lange her. Eine Traurigkeit , die auch Angst schürt, kann aber noch ganz andere Ursachen haben: berufliche Krisen, Trennungen, Krankheiten und Verluste können Auslöser für persönliche Tragödien sein. Denken wir nur daran, dass dem Corona-Virus schon über 100 Menschen in der Prignitz zum Opfer fielen.

All diese Gedanken treiben mich um, wenn ich diesen Artikel schreibe und in die kommenden Wochen gehe. Es sind die Wochen vor dem Osterfest, die wir als Passionszeit oder Fastenzeit kennen. Diese Zeit will uns einladen, unser derzeitiges Leben und Tun zu überdenken. Natürlich sollten wir dieses immer wieder mal tun, aber manchmal bedarf es eines Anstoßes.

Im Überdenken unserer Lebensschicksale können wir vielleicht Chancen entdecken, die neue Horizonte und Türen öffnen. Vielleicht finden wir auch in den vergangenen Monaten des Abstandes und der verordneten Ruhe etwas Gutes, neben dem, was uns so schwer belastet und zu tragen gibt? Die Passionszeit will eigentlich nicht das Leid und die Last des Lebens in den Vordergrund rücken, sie will uns eher deutlich machen, was uns geschenkt ist. Was wurde mir geschenkt? Und wo fühle ich mich immer wieder beschenkt? Nehmen Sie diese Fragen als Anregung mit in das Wochenende. Gönnen Sie sich nach dem Frühstück, dem Kaffee und der Zeitungslektüre einen Spaziergang durch unsere schöne Prignitz.

Sollten Sie an die Stepenitz, Elbe oder einen anderen Fluss treten, dann schauen Sie dem fließenden Wasser nach. Lauschen Sie dem Klag der Natur und nehmen Sie die frische Luft wahr, die gereinigt vom Schnee, schon bald den Geruch des Frühlings trägt. In all dem, was Sie jetzt beschäftigt und Ihnen zu Tragen gibt, spüren Sie der Quelle nach, die von Gott in uns gelegt ist. Und wenn Sie dabei einmal ins Wasser lächeln, dann werden Sie es entdecken: Es lächelt jemand zurück. Ja, auch diese Zeit schenkt uns Gutes.

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