Wort zur Woche

von Pfrn. Susanne Michels

Bei uns steht der Weihnachtsbaum noch. Ja, er nadelt schon etwas, aber manchmal zünden wir die Kerzen noch an und genießen ihr besonderes Licht. Gerade in diesem Jahr schätze ich es besonders, dass die Weihnachtszeit mit dem Weihnachtsfest erst beginnt und das Weihnachtslicht ins neue Jahr hineinleuchtet.

Auch in der Kirche steht der Weihnachtsbaum noch. Und die Bäumchen mit den goldenen Sternen stehen noch da. „Weil wir Hoffnung brauchen. Weihnachten 2020“ steht auf den goldenen Sternen und auf die Rückseite kann man einen Wunsch schreiben. Zu Weihnachten standen die Bäumchen vor den Kirchtüren und einige Menschen haben ihre Wünsche auf die Sterne geschrieben. Mit diesen Wünschen verbinden sich Sehnsucht und Hoffnung.

„Mit dem Prinzip Hoffnung kommen wir nicht weiter“, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters Kanzlerin Merkel im Dezember, als die Infektionszahlen stiegen und weitere Eindämmungsmaßnahmen noch nicht beschlossen waren. In ihrer Neujahrsansprache dann konnte Merkel benennen, was ihr Hoffnung macht: die ersten Impfungen und die Wissenschaftler in ihrer internationalen Zusammenarbeit. Merkel kann feststellen: „nie haben wir […] mit so viel Hoffnung dem neuen Jahr entgegengesehen“.

Von Max Frisch habe ich gelernt, Hoffnungen zu unterscheiden: Es gibt laut Frisch „jene Art von Hoffnung, die nur Aufschub bedeutet“. Diese Art von Hoffnung verleitet uns dazu, Entscheidungen aufzuschieben, untätig abzuwarten, einfach mal zu hoffen, dass es ohne unser Zutun gehen wird. Diese Hoffnung wäre besser „abzuwerfen“, empfiehlt Max Frisch.

Ich glaube fest an das Potential der anderen Art von Hoffnung, der Hoffnung, die uns Mut macht, Entscheidungen zu treffen und Dinge in die Hand zu nehmen. Diese Art von Hoffnung öffnet Perspektiven, weil in ihrem Licht gangbare Wege sichtbar werden, wo ich sonst nur schwarzsähe.

Christ*innen erleben diese Art von Hoffnung zu Weihnachten, weil sie da feiern, dass Gott uns in dieser Welt nicht allein lässt. Als Zeichen für diese Hoffnung leuchten für mich die Kerzen am Weihnachtsbaum. Wie gut, dass er bei uns noch steht.

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