Wort zur Woche

von Pfarrer Norbert Merten

Jeder ist sich selbst der Nächste?

Was wir für richtig erkannt haben, danach leben wir. Dabei sehen wir es immer von unserer Perspektive her. Sind wir da noch bereit, zu prüfen, ob andere mit ihrer Meinung auch Recht haben können? Ob wir vielleicht falsch liegen?

Mich bewegt in den letzten Tagen immer wieder ein Wort von Walter Scheel: „Demokratisch ist es, dem anderen zuzuhören, seine Meinung zu erwägen, das, was einem selbst einleuchtet, zu akzeptieren und gegen das übrige, unter ständiger Wahrung des Respektes vor der Person des anderen, seine Gegenargumente hervorzubringen.“ Ach, wenn wir das doch leben würden.

Wir wissen, es ist wohltuend, wenn wir etwas bewegen können: Wenn wir all unsere Kraft konzentrieren, unsere Zeit bündeln, uns engagiert einsetzen, dann bewegen wir auch etwas. Es geht voran. Wir können manchmal auch andere überzeugen, dass sie unser Vorhaben unterstützen. Und wenn sich Erfolge einstellen, regt sich Stolz auf das Erreichte.

Doch, die Fragen bleiben ständiger Begleiter: War es richtig, was getan wurde? Wie sollte es weiter gehen? Das sollten sich alle beteiligten Seiten immer wieder fragen. Wer nur starr versucht, seine Forderungen durchzusetzen, wird größeren Schaden anrichten, als Nutzen erzielt werden könnte.

Ich denke da an zerstrittene Familien und zerbrochene Freundschaften (Enttäuschungen, Wut, Hass und Verzweiflung machen oft krank und lebensunfähig). Aber, ich denke auch an gesellschaftliche Prozesse in unserem Land, z.B. wie wir umgehen mit Flüchtenden und Schutzsuchenden (was geschieht da in unseren Gedanken, Worten und Taten?); oder wie wir uns auseinandersetzen mit unterschiedlichen Meinungen im Umgang mit dem Corona-Virus (wie schnell kann man hier ein Spielball werden von unterschiedlichen Interessengruppen).

Wir hören, und erleben es, wie Menschen andere benutzen, um selbst besser da zu stehen oder voran zu kommen. Egoistische Gründe treiben sie an, ohne Rücksicht auf Verluste. Wenn dann Leute nicht mehr gebraucht werden, werden sie einfach fallen gelassen oder entfernt. Gut, zu wissen, dass es jemanden gibt, der hat Kraft und steht an der Seite der Armen und Schutzbedürftigen. An diesem Samstag steht dazu im Losungsbuch, was der Prophet Jesaja voll Vertrauen ausspricht:

„HERR, du bist der Armen Schutz gewesen in der Trübsal, eine Zuflucht vor dem Ungewitter, ein Schatten vor der Hitze, wenn die Tyrannen wüten.“ (Jesaja 25,4). Ja, Gott weiß, solange diese Welt besteht, wird es auch immer wieder Tyrannen geben. Aber, er ist mit seiner Hilfe bei denen, die oft übersehen werden, oder missachtet, oder missbraucht. Und Gott sucht Menschen, die mit ihm gemeinsam leben und eintreten für eine möglichst gute Gemeinschaft in der Welt. Gott leite uns da in seiner Liebe, dass wir nicht nur für uns, sondern auch für unsere Mitmenschen da sind.

Auf diesem Weg wünsche ich uns allen Gottes Segen.

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