Wort zur Woche

von Pfr. Volkhart Spitzner

Kennen Sie das Klosterstiftsgelände von Marienfließ in der Prignitz? In Marienfließ ist das älteste Zisterzienser-Nonnenkloster im Land Brandenburg.

Mit seiner 800-jährigen Geschichte ist es einen Besuch wert. Von der ursprünglichen Klosteranlage ist heute der Backsteinbau der Klosterkirche erhalten geblieben. Umgeben wird die Kirche von einem Parkgelände, welches zum Verweilen einlädt. Die Einfahrt auf das Klostergelände ist gesäumt von alten stattlichen Kastanienbäumen. Der erste kräftige Herbstwind im September lässt sie purzeln, beinahe auf einen Schlag, die Kastanien dieses Jahres. Wie immer sammle ich einige in meine Jackentaschen, in denen sie dann den Händen schmeicheln. Die Bäume machen einen gesunden Eindruck. Doch oft sehe ich Kastanienbäume an Straßen- und Wegesrändern in der Prignitz, die von Motten befallen sind und die die Blätter vor der Zeit welken lassen. Schädlinge, Trockenheit und andere Umwelteinflüsse lassen Bäume absterben.

Werden wir einmal den Kindern sagen müssen: „Früher, als ich klein war, da gab es diese weichen, glatten, braunen Kugeln, die Früchte des Kastanienbaumes, aus denen ich Figuren bastelte, jedes Jahr auf`s neue?!“ Der Gedanke schmerzt. Kastanien als Boten des vergehenden Jahres selbst unwiederbringlich verloren?

Ein unaufhaltsames Verlieren? Ich möchte das nicht. Werden Forschung und Wissenschaft die Bäume retten können? Es muss schon Liebe dazukommen und Wille und Vermögen und das Wissen um mögliche Vergeblichkeit.

Die Kastanien – ihre Krankheit ist sichtbar. Anderes stirbt im Verborgenen, heimlich, ungesehen. In jedem Herbst, den ich so gerne mit seinem goldgelben Licht und seinen Farben erlebe, mischen sich Wehmut und Trauer. Gott spricht in diese Zeit hinein: Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Und: Bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich will euch tragen, bis ihr grau werdet. Ich habe es getan und ich werde es weiter tun: Ich bin bei Euch alle Tage über den Tod hinaus.

Zum freundlichem Geleit in den Herbst hinein.
Volkhart Spitzner

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