Wort zur Woche

von Superintendentin Eva-Maria Menard

Meine Masken

„Wenn ich aus dem Hause gehe
lege ich einer meiner Masken an,
dass den Tag ich überstehe,
dass ich ausseh’ wie fast jedermann
Masken machen mich erträglich;
machen mich gefällig, nett und stumm
und ich binde sie mir täglich,
wie `ne seidene Krawatte um“.

Als Christoph Hein dies dichtete und Hans-Eckardt Wenzel seine Melodie dazu schrieb, da war an Corona nicht zu denken. Die beiden beschrieben andere, unsichtbare Masken, hinter denen wir uns im Alltag gern verbergen. Ungern dagegen tragen die meisten die gut sichtbaren Masken, die meinen Nächsten vor Infektion schützen. Besonders an warmen Tagen sind sie wirklich lästig.

Was die sichtbaren Masken mit uns machen, erleben wir seit einigen Wochen. So manches Gesicht erkenne ich erst auf den zweiten Blick. Deuten die Fältchen ein Lächeln an oder weisen sie auf vor Ärger zusammengekniffene Augen hin? Schmunzelt mein Gegenüber bei seinen Worten oder meint er sie wirklich ernst?

Die unsichtbaren Masken haben wir uns zugelegt, wie eine zweite Haut. Mit ihnen schützen wir uns vor unangenehmen Nachfragen, verbergen unsere Unsicherheit und Verletzlichkeit. Niemand macht sich gern vor anderen „nackig“. So eine Maske hilft, einen schlechten Tag zu überstehen, an dem ich funktionieren muss. Wenn ich meine Maske gar nicht mehr ablegen kann, nimmt sie mir die Freude am Leben.

„Auch hinter einem Lachen kann sich ein trauriges Herz verbergen…“  heißt es in alter Weisheit der Bibel.

Ein bestimmtes Image gegen meine tatsächliche innere Verfassung aufrechtzuerhalten, ist sehr anstrengend. Für mich selbst und für die, die hinter meiner Maske nicht mehr erkennen können, wie es mir wirklich geht. Ich bin dann erträglich, gefällig, nett, aber eben auch verstummt, das macht auf Dauer krank.

„Wenn ich aus dem Hause gehe, lege ich einer meiner Masken an."

Ich nehme mir für diesen Sommer vor, die sichtbare Maske mit gelassenem Humor zu tragen.
Die unsichtbare Maske will ich öfter mal ablegen, Gott kann ich eh nichts vormachen. Aber den Menschen gegenüber braucht das Mut. Wie heißt es im Lied: „Doch vor euch trag ich grundsätzlich nur die eine Maske „Ich habe Mut“;  sagt sie euch: „Bin unverletzlich“, sagt: „Ich hab’s geschafft, mir geht es gut.“

 

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