Wort zur Woche
von Pfr.i.R. Johannes Kölbel
Man wird sehen
Alles gut? Verwundert reagiert mein Gegenüber auf ein „Nein.“ Oder wenn ich sage: „Fast alles.“ Das Gespräch ist also nicht so schnell zu Ende.
Was ist los? Was ist nicht gut und warum? Wir leben mit schnellen Sprüchen wie: „Da musste durch!“ oder „ Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist!“ oder „Halt die Ohren steif!“ Manch einem helfen solche Ratschläge. Ein Anderer sagt: „Halt lieber die Klappe!“ Wir urteilen sehr schnell, entscheiden über Gutes und Schlechtes ohne zu wissen, was das Gute am Schlechten oder das Schlechte am Guten sein könnte weil doch alles zwei Seiten hat. Und das Leben ist ja in ständiger Wandlung. Morgen kann es zu Ende sein.
Folgende Geschichte lässt mich nachdenken: Ein Bauer hatte ein Pferd. Eines Tages lief es fort und der Bauer konnte sein Feld nicht mehr selbst pflügen. Die Nachbarn sagten: “Was für ein Pech, dass euer Pferd weggelaufen ist!”. Aber der Bauer antwortete: “Man wird sehen”. Eine Woche später kam das Pferd zum Bauernhof zurück und brachte eine ganze Herde wilder Pferde mit. “So viel Glück!” riefen die Nachbarn. Aber der Bauer sagte: “Man wird sehen”. Kurz danach versuchte der Sohn des Bauern eines der wilden Pferde zu reiten. Er wurde abgeworfen und brach sich dabei ein Bein. “Oh, so ein Pech!”
Die Nachbarn hatten Mitleid, aber der Bauer sagte wieder: “Man wird sehen”. Ein paar Tage später zog der Landesfürst alle jungen Männer in einen Krieg. Aber der Sohn des Bauern konnte wegen des gebrochenen Beins zu Hause bleiben. „Was für ein Glück!“, sagten die Nachbarn. Aber der Bauer bemerkte nur: “Man wird sehen.” Da spricht einer mit einer großen Lebenserfahrung. Ich spüre eine Sicherheit und Weisheit: Ich weiß als Mensch nicht alles. Ich möchte nicht so schnell über das eigene oder das Ergehen der Anderen ein letztes Urteil sprechen.
„Man weiß nie wozu es gut ist!, sagte kürzlich eine junge Frau zu mir, die die Arbeitsstelle verlor. Diese Zuversicht und dieser Optimismus ist ein Geschenk. In der Bibel sagt Paulus: Denen, die Gott vertrauen werden alle Erfahrungen zum Besten dienen. Alle! Darauf will ich mich verlassen.
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