Wort zur Woche
von Pfr.i.R. Johannes Kölbel
Über Mauern springen
Am 13.August 1961 ging es los. Eine riesige Mauer wurde gebaut. Die Folgen? Über 300 Menschen starben an der Mauer Andere haben es mit Lebensgefahr geschafft sie zu überspringen oder saßen jahrelang im Knast als „Republikflüchtlinge.
Mauern sind Mauern der Angst. Sie hilft gegen den Kontrollverlust, wer raus und wer rein kommt. Mauern sollen schützen vor den Fremden und sie sperren Menschen ein. Eine von mir errichtete Mauer, ein Denk-und Handlungsverbot, ein allgemeines Feindbild über bestimmte Menschen, mauert mich selbst ein. Die Einsamkeit klopft bald an meiner Tür. Ich spüre: Ich kann nicht allein leben und ich will es auch nicht auf Dauer. Woher dann die Kraft nehmen über Mauern zu springen?
Wir in Deutschland wissen sehr genau, dass Mauern bröckeln und sie nicht auf Dauer verhindern können, dass Menschen ihre Freiheit und ein glückliches Leben suchen und zu Wirtschaftsflüchtlingen werden, neben denen, die verfolgt um ihr Leben rennen. Mauern dürfen nicht töten. Über Mauern im Kopf und zwischen Staaten müssen wir reden. Die deutsche Vergangenheit lehrt uns Wege durch und über Mauern hinweg. Es ist ein weiter aber auch ein lohnenswerter Weg zueinander nach bitterer Feindschaft gegeneinander.
Der Hirtenjunge und spätere König David saß tief im Dreck. Er bekennt: „Ich war gefangen in den Fesseln des Todes, vernichtende Fluten stürzten auf mich ein, die Totenwelt hielt mich mit Schlingen fest, die Falle des Todes schlug über mir zu.“ Schlimmer geht’s nimmer. David wagt es zu reden, zu reden über seine Verfolgungsangst und über seine Verzweiflung. Mit Gott findet er einen Zuhörer, einen der ihn für seine Offenheit und Ehrlichkeit nicht in die Pfanne haut.
Das Gespräch mit Gott kann Mauern zwischen Menschen öffnen. Das Gebet braucht das Gespräch unter uns. Das Gespräch auf Augenhöhe zwischen ehemaligen Feinden wird erfolgreich mit einem Gebet. Gebete haben 1989 geholfen. Menschen wurden mutig. Betende Mensche wurden Mauerspechte. Sie gingen für die Freiheit und Gerechtigkeit aus den Kirchen auf die Straße. Und von der Straße kamen sie ohne Vorbedingungen in offene Kirchen. David sagt im Psalm 18: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“ Das ist vor gut 2500 Jahren geschehen, das war 1989 so und das kann heute wieder werden.
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