Wort zur Woche
von Pfr. Holger Frehoff
Jedes Jahr im Februar findet in Pritzwalk die ökumenische Bibelwoche statt. In diesem Jahr stand ein biblisches Buch aus dem Alten Testament im Mittelpunkt, dessen Texte in Gottesdiensten selten gelesen werden – das Hohelied der Liebe.
An den fünf Abenden tauchten wir ein in die orientalische Bilderwelt, in der sehr sinnlich die Liebe beschrieben wird. Manches war fremd, vieles war anregend und gab Raum für Gespräche. Was ist die Liebe? Was macht die Liebe aus? Welche Kraft hat sie? Was macht sie mit den Liebenden? Über die Liebe gibt es viel zu reden.
Dabei war es immer wieder spannend, die Texte des Hohenliedes auf zwei Ebenen zu lesen. Sie lassen sich lesen als Gespräch oder Lied zweier Menschen, die über ihre Liebe reden oder singen. Die Texte lassen sich aber auch als ein Gespräch lesen zwischen Gott als dem Bräutigam und den Menschen als die Braut. Das Verhältnis zwischen Gott und Mensch ist gekennzeichnet durch eine leidenschaftliche Liebe, die Gott für uns Menschen empfindet. Aber Liebe ist ja nie etwas Einseitiges, sie beruht auf Gegenseitigkeit. So ist auch die Liebe des Menschen zu Gott Thema des Hohenliedes. Das Hohelied fasst die Erfahrung in Worte, Gott zu lieben und von Gott geliebt zu werden
Meine Lieblingsstelle aus dem Hohelied steht in Kapitel 8 Vers 6: „Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine gewaltige Flamme.“ Siegel im Alten Orient waren ca. 2 cm große Steinplättchen, die man entweder wie eine Halskette um den Hals oder um das Handgelenk gebunden oder als Siegelring trug. Mit Siegeln wurden verbindliche Verträge geschlossen.
Das Siegel war das Zeichen eines engen Bandes zwischen zwei Partnern. Jemanden wie ein Siegel auf sein Herz legen, drückt eine enge Verbundenheit mit diesem Menschen aus. Liebe schafft ein enges Band der Verbundenheit zwischen den Liebenden; ein enges Band, das es mit der Macht des Todes aufnehmen kann. Eine solche Liebe können Menschen füreinander empfinden. Eine solche Liebe empfindet Gott für uns Menschen. Und wir können so auch Gott lieben.
Einen Kommentar schreiben