Wort zur Woche
von Pfr. Volkhart Spitzner
Als Pfarrer der Stadt Putlitz und Umgebung bin ich vielen bekannt. Schon die Jüngsten lernen mich in der Adventszeit im Kindergarten kennen. Als Religionslehrer begegne ich ihnen später oft in der Schule. Jugendliche lassen sich von mir zur Konfirmation begleiten, oder sie machen mit mir und anderen Erwachsenen Musik oder spielen im Theater mit. Manchmal begegnen wir uns in der Feuerwehr oder auf Festen der Jägerschaft. Ob nun auf Familienfeiern, Hochzeitsjubiläen, in Gottesdiensten oder auf Trauerfeier, die Begegnungen sind immer da.
Und so ist es ganz natürlich, dass jeder Gang durch unsere Stadt mit Begrüßungen und Verabschiedungen verbunden ist. Oft höre ich ein „Tschüs“ zum Abschied. Wissen Sie, woher das „Tschüs“ kommt und welche Bedeutung es hat ?
Ende des 17. Jahrhunderts holte der große Kurfürst Friedrich Wilhelm die in Frankreich wegen ihres Glaubens verfolgten Hugenotten nach Brandenburg. So mancher Familienname in meinem Pfarrsprengel erinnert an diese Einwanderung, - wenn die Namen heute auch oft verdeutscht ausgesprochen werden. Diese Familien brachten neben Weißbrot und Zahnbürste, Goldschmiedekunst, Spielkarten und feine Seifen, Hutmacherei und Färbetechnik, Frühkirschen, Artischocken, Spargel – alles Dinge, die in Brandenburg vorher unbekannt waren, natürlich auch ihre Sprache mit.
Einwanderer, Flüchtlinge, Vertriebene bewahren oft in der Fremde die heimatliche Tradition durch Pflege ihrer Sprache. Sie können das noch heute an ganz alten Ostpreußen oder Schlesiern in ihrer Umgebung beobachten. Die Hugenotten redeten Französisch. Manche Brandenburger haben wohl staunend zugehört, wenn die Flüchtlinge aus Frankreich miteinander Sprachen. Am Ende des Gesprächs folgte ein Gruß. „A Dieu!“ Vielleicht hat den Deutschen jemand erklärt, das „A Dieu!“ auf Deutsch heißt „Bei Gott“ oder frei übersetzt „Gott befohlen!“ Das muss ihnen imponiert haben. Mit der Zeit wurde es zu einem Gruß auch unter Nicht-Hugenotten. Sie schliffen das „A Dieu“ so ab, wie sie es hörten – „Adjöh“, Adschöh“, Adschüs“ … , „Tschüs!“
Unser „Tschüs“ ist also ein ganz frommer Gruß: „Gott befohlen“, Gott sei mit Dir!“
Ich muss schmunzeln, wenn ich daran denke, wer mir alles diesen Gruß zuruft. Ich möchte Mut machen, das Tschüs zu verwenden, auch denen, die sich nicht als Christenmenschen verstehen. Denn wer könnte von sich sagen, dass er nicht in seinem Leben auf Frieden und Liebe bauen möchte? Wer hofft nicht für Menschen, die sich verabschieden, eine gute Heimkehr ohne Unfall und Gefahr? Wer hat nicht schon gespürt, wie gegenseitiges Verstehen unter Menschen das Leben beglücken und bereichern kann?
Wem ist nicht deutlich geworden, dass trotz allem Bemühen es eben nicht allein an der eigenen Kraft liegt, ob Miteinander gelingt?
Ich lebe gerne in der Prignitz und gehe gerne durch unsere Straßen. Ich freue mich schon auf die nächsten Grüße auf dem Weg und möchte Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein „A Dieu“ und „Tschüs“ zurufen. Kommen Sie wohlbehalten ins Wochenende. Das wünscht Ihnen Pfarrer Volkhart Spitzner aus Putlitz.
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Kommentar von W. Nier |
Vielen Dank, Volker, für dieses "Wort zur Woche".
Es kommt ohne ökologische Postulate und ethische Oberflächlichkeiten aus.
Das tut gut.