Vom Kirchturm aus

von Pfr. Alexander Bothe

Fastnacht

Ob in Lenzen oder Barenthin: Es gibt Karnevalsvereine in unserer Region, im protestantisch-nüchternen Brandenburg! Die Fünkchen tanzen, die Büttenrede wird gehalten, bis am Aschermittwoch alles vorbei ist.

Fastnacht: Die Nacht, bevor die Fastenzeit beginnt. Damit haben wir norddeutschen Protestanten eigentlich genauso wenig am Hut wie mit ausgelassenem Karneval. Aber wenn es dennoch Karnevalsvereine gibt, gibt es vielleicht doch den ein oder anderen Prignitzer, für den die Fastenzeit etwas bedeutet? Sowieso ist Fasten ein Modebegriff: Junge Menschen schwören aufs „Intervallfasten“. Wer den Begriff „Fasten“ googelt, findet unter der Überschrift „Richtig fasten“ den Hinweis: „Fasten ist längst mehr als ein religiöses Ritual – heute fasten zum Beispiel viele ihrer Gesundheit zuliebe.“ Na, da können doch jetzt mal die Christenmenschen selbstbewusst aus der Deckung gehen und sagen: Machen wir schon lange!

Zugegeben: Vom streng durchgeführten katholischen Fasten grenzen wir Protestanten uns dann doch lieber ab. Ein Fasten, das die Kirche ihren Mitgliedern auferlegt, passt nicht zu dem, was Jesus über das Fasten gesagt hat. Wenn ihr fastet, dann soll es niemand mitbekommen, sagte Jesus. Denn Fasten ist nur sinnvoll, wenn es eine persönliche Herzensangelegenheit ist zwischen dir und deinem Gott. Wenn du fastest, um vor anderen als Held des Verzichts dazustehen, dann ist dein Lohn dahin. Das heißt im Umkehrschluss: Fasten kann eine sinnvolle Sache sein, wenn es eine ganz persönliche, freiwillige Entscheidung ist, die jeder nur für sich selbst treffen kann.

„7 Wochen ohne“ heißt seit vielen Jahren eine Kampagne in der evangelischen Kirche, die zu einer Zeit freiwilligen Verzichts einlädt. Worauf möchte ich sieben Wochen lang bis Ostern mal verzichten – um es hinterher wieder besonders wertzuschätzen? Oder um zu spüren, dass es auch ohne geht? An welcher Stelle „übe“ ich mal Verzicht? Ja, verzichten ist nicht so einfach, das braucht Übung, und es ist ein schönes Gefühl, wenn das Training anschlägt und es mir immer leichter fällt, zum Beispiel auf Süßigkeiten zu verzichten. Oder auf Alkohol. Oder auf Fleisch. Oder aufs Fernsehen. Oder worauf auch immer. Und wenn ich andere leckere Sachen oder Getränke entdecke. Oder wieder Zeit für ein gutes Buch habe. Oder Zeit für die Bibel und das Gebet.

Eine sinnvolle Übung ist der freiwillige vorübergehende Verzicht allemal, denn weniger zu verbrauchen ist auf unserem gebeutelten Planeten das Gebot der Stunde. Man könnte das ja mal probieren.

Dann ist Aschermittwoch gar nicht alles vorbei, sondern es beginnt eine Zeit, in der sich Neues einüben lässt.

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