Moment Mal
von Pfarrer Wolfgang Nier
Wort wie Pfeile
So sang 1976 die am 3. Mai diesen Jahres verstorbene israelische Sängerin Daliah Lavi.
In diesen Tagen, in denen auf dem Evangelischen Kirchentag Wortberge von einer Seite auf die andere geschaufelt werden, waren viele „Worte wie Pfeile“ zu hören.
In Podiumsdiskussionen flogen sie hin und her, aus dem Publikum schossen manche „Worte wie Pfeile“.
Auch das vermeintlich Gute möchte sich sein (Vor)-Recht erkämpfen und benutzt doch dabei die falschen Mittel. „Worte wie Pfeile“ treffen, verwunden, verletzen, töten – auch dann wenn etwas Gutes zur Sprache gebracht werden will, verteidigt werden soll und präsentiert werden möchte.
„Worte wie Pfeile“ haben nur das eine Ziel: abzuschießen. Egal, ob sie von der Vertreterin einer auf dem Kirchentag ungeduldeten Partei geschossen werden oder von einem Bischof.
Die in manchen Jahren vielbeschworene Toleranz schafft es in Zeiten von Populismus und „political correctness“ nicht mehr auf die 1. Reihe, sondern fristet ein kümmerliches Da-sein auf den letzten Bänken. „Worte wie Pfeile“ und Toleranz stehen sich gegenüber und können einfach nicht miteinander.
Doch „Worte wie Pfeile“ sind Alltagserfahrungen – auch mitten in der Prignitz:
In mancher Ehe wurde schon ein ganzes Arsenal von „Worten wie Pfeilen“ verschossen. Auf mancher Sitzung von Gemeinderäten und Kreistagen, Gemeindekirchenräten und Vereinsvorständen sind „Worte wie Pfeile“ an der Tagesordnung.
„Worte wie Pfeile“ dominieren bei Facebook, Twitter & Co., wo jeder, der sonst nichts zu sagen hat, endlich auch mal seinen Pfeil abschießen kann.
Die Bibel konkretisiert „Worte wie Pfeile“ und sagt „Zunge“ dazu. Sie stellt im „Buch der Sprüche“ zum Einen fest: „Ein Böser achtet auf böse Mäuler, und ein Falscher hört gern auf schändliche Zungen.“
Sie ermutigt aber auch zum Anderen: „Wer Mund und Zunge bewahrt, der bewahrt sein Leben vor Not.“
Vielleicht sollten wir gelegentlich eine Bremse einlegen: 2 Minuten vergehen lassen, ehe ich auf etwas reagiere, was mich aufregt. Eine Nacht drüber schlafen, bevor ich eine giftige (Antwort)-Mail abschicke. Schnell sein mit guten Worten und langsam sein mit „Worten wie Pfeilen“.
Dem Zusammenleben – egal auf welche Ebene – täte eine Sprache ohne „Worte wie Pfeile“ gut.
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