Moment Mal
von Pfarrer Olaf Glomke
Fleisch leb‘ wohl
Liebe Leserinnen und Leser! Im Februar hat der Karneval Hochkonjunktur. In Süddeutschland werden mit viel Lärm und grusligen Masken die Winterdämonen verspottet und vertrieben. Im rheinischen Karneval nimmt man mit spitzer Zunge und viel Gelächter die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse aufs Korn. Für eine begrenzte Zeit werden sie sogar gänzlich auf den Kopf gestellt. Zu „Weiberfastnacht“ übernehmen die Frauen die Macht in den Rathäusern. Liebe Leserinnen und Leser, wer sagt denn, dass beim karikieren der Verhältnisse, hinter dem Gelächter, dem Spott und den Verrücktheiten nicht auch das Fünkchen Wahrheit steckt? Dass es in unserem scheinbar normalen Alltag noch verrückter zugeht als beim Karneval?
Denke ich an die zurückliegenden Wochen, die frostigen Nächte, die dunklen Tage teile ich die Sehnsucht: sich wieder aus der Erstarrung zu lösen, endlich soll Neues beginnen. Der Frühling soll kommen.
Karneval und die kirchliche Fastenzeit treffen sich an dieser Stelle. Mit Aschermittwoch endet das närrische Treiben. Nun 40 Tage ohne Fleisch: „Carne vale“ – „Fleisch leb‘ wohl“. Für frühere Generationen war das die schlichte Wirklichkeit. Die Wintervorräte neigten sich dem Ende entgegen. Frische Lebensmittel gab es kaum noch. Ganz anders heute! Die Regale und Kühltruhen der Supermärkte sind gefüllt. Wir haben nicht wirklich zu wenig. Eher Winterspeck und Ballast zu viel, den mancher gern wieder los werden möchte. Vielleicht deshalb, ist das Fasten interessant geworden in den letzten Jahren. Die Evangelische Kirche wirbt mit der Aktion „Sieben Wochen ohne“. Das freiwillige Fasten kann bewusst machen, wo sich Abhängigkeiten eingeschlichen und Ballast angehäuft haben. Längst geht es nicht allein um die Nahrungs- und Genussmittel, sondern darüber hinaus um unseren Fernseh- und Internetkonsum, den Umgang mit den Medien und sozialen Netzwerken und welche Verführung darin steckt.
Im Matthäus-Evangelium (Kapitel 4) wird über das vierzigtätige Fasten Jesu in der Wüste berichtet. Und wie er dabei allen Allmachtsverführungen widersteht. Die Anfrage lautet: Gelingt es, sich aus der Erstarrung zu lösen, um auf Neues zu zugehen, den Ballast abzuwerfen und den Verführungen unserer Zeit zu widerstehen?
Karneval und Fasten sagen: Ja - in Grenzen. Versuchen können wir es doch!
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