Moment Mal
von Pfrn. Verena Mittermaier
„Hatschi!“ - „Gesundheit!“
„Gesundheit“ zählt zu den am häufigsten genannten Wünschen auf Geburtstagskarten. Zu recht. Wie wunderbar und kostbar ist das Geschenk guter Gesundheit! Das spüren wir besonders, wenn die Gesundheit angegriffen ist oder abhandenkommt.
Und dann geht es los. Welche Arztpraxis ist erreichbar und für mich zuständig? Wo finde ich Experten? Wie lauten die Diagnosen und Therapievorschläge? Welchem Rat folge ich, wenn mir Unterschiedliches empfohlen wird? Was bedeutet die Erkrankung für meine Lebensführung und die meiner Angehörigen? Was bedeutet sie für den Geldbeutel?
Bei uns gilt das „Recht eines jeden auf das für ihn erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit“ (Artikel 12 UN-Sozialpakt). Deshalb muss der Staat Voraussetzungen schaffen, die „im Krankheitsfall den Genuss medizinischer Einrichtungen und ärztlicher Betreuung sicherstellen“.
Ein ganzes Marktsegment ist in diesem Zusammenhang entstanden und bildet eine der größten Sparten der Volkswirtschaft. Dazu gehören neben der Versorgung der Kranken im engeren Sinne auch die Pharmazie, die Medizintechnik und alles, was mit Rehabilitation und Erholung zu tun hat. Macht dieser Markt gesünder? Wirkt er heilsam? Manchmal kommen Zweifel.
Mit dem „Genuss“, ja überhaupt dem schlichten Zugang zu medizinischer Versorgung ist es ja so eine Sache. Ärmere spüren das stärker als Reichere. Der ländliche Raum spürt es stärker als die Großstadt. Da können die Entfernungen schon mal zum Hindernis werden. Wie gut, wo überall Hilfe erreichbar ist oder ins Haus kommt.
Manchmal gibt es die Erfahrung, dass zwar Teilaspekte eines Gesundheitsproblems intensiv bearbeitet werden, aber die Person als Ganze in ihrer Situation nicht in den Blick kommt. Auch das kann Gesundung verhindern. Man ist nun einmal nicht nur „die Hüfte“.
Von einem ganz unerwarteten Zugang zu umfassender Heilung berichtet eine Geschichte im Markusevangelium Kapitel 2 im Neuen Testament. Jesus, bekannt für seine Heilkunst, hält sich in Kapernaum auf. Vier Menschen möchten ihren Freund zu Jesus bringen. Der Freund ist gelähmt. Die Chance zur Heilung ist einmalig. Problem: Das Wartezimmer ist überfüllt, sozusagen. Jesus ist von einer großen Menschenmenge umringt. In das Haus auch nur hineinzukommen, scheint unmöglich.
Aber Not macht erfinderisch. Die Freunde wollen das Recht des Gelähmten auf größtmögliche körperliche und geistige Gesundheit mit allen Mitteln erkämpfen, die ihnen zu Gebote stehen. Sie wählen den Zugang übers Dach. Eine Stelle wird abgedeckt, ein Loch gemacht, und direkt vor Jesus lassen sie das Bett herunter, auf dem der Gelähmte liegt.
Ich liebe diese Schilderung, deren Details sich wunderbar ausmalen lassen. Und ich liebe die Reaktion von Jesus. Er spricht den Gelähmten zuerst auf sein Inneres an. Er entlastet und befreit ihn von Schuld, die ihn drückte und lähmte. Jesus sieht diesen Menschen in seinem gesamten Lebenszusammenhang. Seine Geschichte, seine Erinnerungen, sein körperliches Leid, sein Netzwerk von Angehörigen und Freunden. Jesus betrachtet die Sache sozusagen „ganzheitlich“. Als der vormals Gelähmte am Ende seine Matte nimmt und auf seinen eigenen zwei Beinen hinausgeht, hat sich für ihn in jeder Hinsicht ein Herzenswunsch erfüllt: „Gesundheit!“
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