Moment Mal
von Pfarrer Sacha Sommershof
Karfreitag – still und entlastend
In diesen Tagen begehen Christen die Karwoche, mit ihrem Höhepunkt am Karfreitag. Immer wieder gibt es Umfragen, was denn die Bedeutung dieses Tages sei. Ein Fernsehsender beantwortet für sich die Frage so, dass er den ganzen Tag Autosendungen zeigt und so einen Car-Freitag kreeirt. Dass Karfreitag irgendetwas mit Jesus und Kirche zu tun hat, ist den meisten Befragten dann doch bewusst. Die letzten Jahre schließlich waren von einer Diskussion über die Aufhebung des Tanzverbotes geprägt, auch dies ein Hinweis auf den Charakter dieses Feiertages und der ganzen Woche, die traditionell die stille Woche genannt wird. Bei aller Abnahme des Allgemeinwissens kommt aber bei vielen Betrachtungen vor allem die Widersprüchlichkeit des Karfreitages zum Vorschein, nicht zuletzt wegen seines zentralen Symbols, des Kreuzes. Dieses Symbol christlichen Glaubens ist selbst im Neuen Testament - nicht nur als Randnotiz - vom Apostel Paulus mit Begriffen wie Torheit und Skandal beschrieben worden.
Ein Skandal ist das Kreuz in den Augen der meisten Menschen heute nicht mehr, vielleicht noch eine Torheit. Denn als Zeichen eines befreienden Glaubens nun gerade ein Folterinstrument zu haben, wirkt augenscheinlich nicht klug, um zu überzeugen und nicht wenige finden sein Anblick mitunter unerträglich. Liest oder hört man die Geschichte vom Tod Jesu, an den Christen am Karfreitag erinnern, dann ist der Tod eines unschuldigen Menschen nur schwer mit dem Bild eines gütigen Gottes überein zu bringen, wirkt womöglich absurd, schon gar, wenn es dann auch noch mit jedem einzelnen von uns zu tun haben soll.
Viele Menschen tendieren eher dazu, ihr Kreuz selbst zu tragen und finden sich nicht selten in einer ganz anderen Absurdität wieder: Der scheinbar unbegrenzte Glaube an die Machbarkeit und die Selbstbestimmung stößt auf die Grenzen des Machbaren, des Verfügbaren, des Steuerbaren der Lebensumstände und stellt jede und jeden einzelnen immer wieder vor die Frage, wo sie oder er sich mit den eigenen Möglichkeiten und der eigenen Verantwortung darin verortet. Die Unübersichtlichkeit der Welt birgt die Gefahr, sich darin zu verlieren, mit manchmal nicht ungefährlichen Konsequenzen.
Aus diesem Gefühl der Verlorenheit kann das Kreuz herausführen – nicht so sehr mit seiner historischen Bedeutung, sondern mit der Botschaft, für die es steht. Es kann helfen, sich zu verorten, in der Beziehung zu Gott und in der Beziehung zu anderen Menschen. Es kann davon befreien, in einem Gefühl der Überforderung unterzugehen, weil die Umstände der Welt so kompliziert sind und das eigene Tun und die damit einhergehende Verantwortung erdrückend wirken. Die Last des eigenen Schicksals und das der Welt liegt im Letzten nicht auf unseren eigenen Schultern, sondern wird mitgetragen von Gott, der seinen Sohn diese Last am Kreuz auferlegt hat.
Vielleicht nutzen Sie diese stille Woche einmal dazu, sich dieser entlastenden Botschaft zuzuwenden in den vielen Gottesdiensten am Karfreitag, die in unserer Region gefeiert werden.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Karwoche und ein schönes und friedliches Osterfest.
Ihr Pfarrer Sacha Sommershof
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