Moment mal
von Superintendent Oliver Günther
Wir sind BUGA
Eine ältere Dame hat mich schwer beeindruckt. Sie verließ nie ihr Haus, ohne vorher eine Handvoll Kaffeebohnen einzustecken. Sie ließ jedes Mal, wenn sie etwas Schönes erlebt hatte – ein Lächeln auf der Straße, ein freundliches Gespräch mit einem Nachbarn, ein Sonnenstrahl auf der Nase, ein Erdbeerkuchen mit Sahne, ein ausgelassenes Kinderlachen, eine Blume, die blühte ... – jedes Mal ließ sie in solchen Momenten eine Bohne von der einen in die andere Tasche wandern. Und wenn sie dann am Abend in der „Erntetasche“ nachschaute, waren es mehrere Kaffeebohnen an einem Tag, die die Tasche wechselten. An manchen Tagen war es auch nur eine einzige Bohne, die sie dort fand. Jeden Abend setzte sie sich hin und zählte ihre Bohnen. Dann versuchte sie, sich an diese Momente des kleinen Glücks und der Freude zu erinnern. So wurden viele Tage ihres Lebens zu unvergesslichen Glücksmomenten.
Glück und Freude sind seltene Gäste unseres Lebens geworden. Flüchtige Bekannte sind sie, die schon lange nicht mehr da waren. Das Klagen scheint vielen Menschen näher zu liegen. Verzweiflung und Ohnmacht sind verlässliche Partner des Lebens. Die Nachrichten aus aller Welt bedrücken das Gemüt. Unvergessliche Glücksmomente – warum erleben das so viele Menschen so selten? Sind sie tatsächlich weniger geworden, oder bin ich blind und taub, abgestumpft? Habe ich eine Hornhaut auf meiner Seele, die mir zwar das Elend vom Leib hält, so dass ich es nicht mehr an mich heran lassen muss, die aber auch die Freude blockt?
Wir sind BUGA. Havelberg ist BUGA-Standort und gehört zum Kirchenkreis Prignitz. 1,5 Millionen Besucher werden an den fünf Standorten im brandenburgischen Havelland von Mitte April bis zum 11. Oktober 2015 erwartet. Freude kann man trainieren. Fangen Sie doch mit den kleinen Freuden an? Nehmen Sie solche Freuden in sich auf, die wie ganz selbstverständlich, fast schon unscheinbar da sind. Ein BUGA-Besuch ist vielleicht eine gute Gelegenheit. Und wenn Sie am Abend Ihre Kaffeebohnen zählen, die die Tasche gewechselt haben, dann denken Sie daran, dass Gott sich mit ihnen freut. Es gibt für Gott nichts Schöneres, als Sie als einen glücklichen Menschen zu sehen. Und wenn Sie in einem anderen Menschen den Glanz und das Funkeln der Freude entdecken, dann spiegelt sich darin Gottes Herrlichkeit, die unser Leben erfüllt.
Es grüßt Sie herzlich Oliver Günther, Superintendent im Kirchenkreis Prignitz
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