Moment mal
von Pfarrer Sacha Sommershof
Ein annehmbarer Vorsatz für das neue Jahr
Haben Sie das neue Jahr auch mit Vorsatz begonnen? Haben Sie sich ganz bewusst etwas vorgenommen, das in den kommenden zwölf Monaten anders werden soll, gar besser als im vorangegangenen? Ein neues Jahr birgt immer die Möglichkeit, etwas im eigenen Tun zu überdenken und gegebenenfalls zu verbessern, denn es gibt ja nur gute Vorsätze. Für Christinnen und Christen ist die Jahreslosung so etwas, wie ein Vorsatz für das Jahr. 2015 lautet sie: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“ Dieser Vers, der aus dem Römerbrief stammt, setzt einen Doppelpunkt für das Kommende und passt in die Situation, in der wir uns auch gerade am Beginn des Jahres in unserem Land wiederfinden. 'Einander annehmen', dieser Aufforderung können sicherlich viele beipflichten, die bewusst wahrnehmen, was um sie herum geschieht und die sich darum bemühen, ihren Nächsten in den Blick zu nehmen. Für manchen ist die gegenseitige Annahme vielleicht aber auch eher eine Frage der Toleranz, in der Art, dass er den anderen so lässt, wie er ist, sich aber weiter nicht für ihn interessiert. So verstanden geht die Jahreslosung über den Begriff der Toleranz hinaus. Sich gegenseitig anzunehmen, bedeutet, sich mit dem anderen in Beziehung zu setzen, so wie es Jesus Christus vorgelebt hat. Er hat sich Menschen angenommen, die von anderen seiner Zeitgenossen nicht beachtet oder auch ausgestoßen wurden, auch auf die Gefahr hin, dass er selbst mit Misstrauen betrachtet wurde. Jesus hat seinen Nächsten ernst genommen, hat mit ihm ein 'Wir' gebildet, das eben nicht ausgrenzt, wie es von einigen Meinungsmachern in diesen Wochen getan wird. Er hat vielmehr das zum Leben erweckt, was die Bibel Nächstenliebe nennt. Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber hat das Gebot der Nächstenliebe so übersetzt: „Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du.“ Wenn ich dies erkenne, dass mein Gegenüber ein Mensch ist wie ich, auch mit guten und schlechten Seiten, dann kann ich gar nicht umhin, ihn anzunehmen. Dass es dabei auch zu unterschiedlichen Meinungen, zu Streit und sogar zu Positionen kommen kann, die nicht zu vereinbaren sind, liegt, das mag man bedauern, in der menschlichen Natur. Doch dem anderen abzusprechen, er sei nicht wie ich, sei gar jemand zweiter Klasse und nicht wert, dass ich mich mit ihm abgebe, das widerspricht dem, was die Jahreslosung als guten Vorsatz aufgibt.
„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“ Damit ist ein Doppelpunkt für das kommende Jahr gesetzt und man darf gespannt sein, mit welchem Satzzeichen das Jahr endet – ich hoffe mit einem Ausrufezeichen, das ausdrückt, dass viele diesen Vorsatz der gegenseitigen Annahme umgesetzt haben. Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes und annehmendes Jahr 2015.
Pfarrer Sacha Sommershof
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