Moment mal
von Wilfried Schmidt
Der Totensonntag liegt gerade wieder hinter uns. Wir denken an die, die ganz selbstverständlich zu unserem Leben dazu gehörten. Bis dann der Tag kam, an dem sie einem genommen wurden. Eltern, Großeltern, Geschwister, Freunde, ja sogar eigene Kinder. Trauer und Wehmut machen sich breit, Schmerz und Hilflosigkeit. Aber auch Dank für die Menschen und für das, was man durch sie hatte und was man durch sie geworden ist.
Totensonntag. Dieser Tag zeigt uns auch, dass das Leben kostbar ist. Gott hat uns das Leben geschenkt. Natürlich, unsere Eltern haben ihren Anteil dabei. Gott wollte, dass wir leben, dass wir diese Welt im Frieden und mit Zuversicht entdecken.
Dass das Leben nicht immer schön ist, erlebt man schon in der eigenen Kindheit. Aber man kann auch die Erfahrung machen: Schwierigkeiten lassen sich gemeinsam besser meistern und ertragen. Menschen, die uns zur Seite stehen, helfen uns, "Ja" zu sagen zum Leben mit allen Fragen, Schwierigkeiten und allem Schmerz, den es mitunter mit sich bringt.
Ja zum Leben. Inzwischen ist es leider Alltag geworden, dass auch ein deutliches "Nein" gesagt wird. Zum Beispiel zum Leben manchen Babys, dass sich ungeplant angemeldet hat. Ein Klinikbesuch und alles ist wie vorher ... Wohl in den meisten Fällen würde es helfen, Prioritäten anders zu setzen oder Hilfe zu suchen, dass man doch "Ja" zum werdenden Leben sagen kann, auch wenn der Weg nicht leicht sein sollte.
In diesen Wochen wird das Leben auch in anderer Hinsicht diskutiert: Da, wo ein Mensch das Ja zu seinem Leben verloren hat, weil es ihm durch schwere Krankheit und Schmerzen sinnlos und würdelos erscheint. Darf man einem solchen Menschen aktive Sterbehilfe leisten? Würde eine legale Möglichkeit dazu nicht dokumentieren: das ist keinem zuzumuten, würde das nicht die Nachfrage steigern und auch manche zu diesem Schritt drängen, weil sie niemandem zur Last fallen möchten? Und ist es nicht anderseits so: Wer gelernt hat, Schwierigkeiten zu tragen und zu ertragen, wird es dann auch in möglichen Grenzsituationen leichter haben durchzuhalten.
Ich wünsche und hoffe sehr, dass alles, was möglich ist, getan wird, damit Menschen in Grenzsituationen ihr Leben bejahen können. Wege dazu sind im Bundestag aufgezeigt worden. Ja zum Leben bedeutet eben auch, anderen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, dass auch sie ihr Leben bejahen. Viele haben erfahren können: es tut gut, wenn andere für mich da sind. Ich kann viel leichter neuen Lebensmut fassen. So ist es wichtig, dass wir uns anderen zuwenden, die nicht weiter wissen oder keine Perspektive mehr sehen und ihnen zur Seite stehen und ihre unbeantworteten Fragen, ihre Schmerzen mit aushalten.
Totensonntag - Christen sprechen auch vom Ewigkeitssonntag. Sie denken nicht nur an das, was war und ist, sondern auch daran, was nach dem Tod kommt. In der Bibel wird es zum Beispiel so beschrieben: "Und Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen. Der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein ... Wer Gott sucht, wird dies erleben." (Offenbarung 21).
Diese Einladung, diese Zusage ist ein großer Trost und eine gute Kraftquelle, gerade auch in Grenzsituationen: ich darf wissen, dass das Beste noch kommt. Das kann große Kraft geben, auch sinnlos scheinende Phasen auszuhalten und Ja zu sagen zum Leben. Nein, ich möchte niemanden vertrösten. Doch finde ich sehr treffend, wie Peter Hahne es sagte: "Christen werden nicht auf das Jenseits vertröstet, sondern aus dem Jenseits getröstet."
Wilfried Schmidt
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