Moment mal
von Pfarrer Olaf Glomke
Liebe Leserinnen und liebe Leser!
Nun hat uns der Herbst einen wunderschönen Oktober beschert. Sonnige und warme Tage. Sie taten dem Lebensgefühl und der Seele gut. Ja, selbst der November begann versöhnlich. Niemand vermisst den Nebel, den Regen und die erste kalten Nächte. Viele Menschen erschaudern bei dem Gedanken an die immer kürzer werdenden Tage: „Man geht im Dunklen und kommt in der Dunkelheit nach Hause.“ Der Monat November ist die Zeit der gedrückten Stimmung. Kahle Äste ragen in den Himmel. Trockene Blätter wehen über die Straße. Die frühe Dämmerung verstärkt noch einmal das Gefühl der Schwermut und die Traurigkeit darüber, dass die Natur scheinbar erstirbt. Wir sind fast am Ende des Kirchenjahres angekommen. Christen leben nicht nach einem anderen Kalender, doch wer weiß noch, dass das Kirchjahr anders zählt als das normale Jahr? Dass das Kirchenjahr mit Advent beginnt und eben mit Buß- und Bettag, Volkstrauertag und Totensonntag (oder auch Ewigkeitssonntag) endet? Es ist wohl weniger ein Zufall, dass in die Stimmung dieser Jahreszeit Tage des Bedenkens von Versagen und der eigenen Fehler, des Gedenkens und Erinnerns fallen. Wer weiß noch davon? Ist das schwindende Wissen ein Verlust? Ich bin mir nicht sicher. Wohl doch. Denn ich glaube, es tut uns nicht gut, dass diese besonders geprägten Tages am Ende des Kirchenjahres im November immer mehr aus dem allgemeinen Bewusstsein verschwinden. Denn ich glaube immer mehr, dass diese Tage mit ihrem besonderen Charakter und der Betonung der Möglichkeit einer individuellen Wende, dem Bedenken von Schuld und Versagen – Buß- und Bettag, der Besinnung auf den millionenfachen Tod im Krieg und in Vernichtungslagern – Volkstrauertag, und dem Aussprechen und Zulassen von Sterben, Tod und Trauer in meinem Leben - Totensonntag für die seelische Gesundheit wichtig sind. In diesen Tagen der gedrückten Stimmung kann es helfen das Leben unter der Erfahrung der vergehenden Zeit und der Ewigkeit zu betrachten. Vielleicht hilft uns dieses Betrachten zu unserem Gleichgewicht zurückzufinden und die Bedeutung oder auch die Bedeutungslosigkeit mancher Probleme (wieder) zu erkennen.
Das Kirchenjahr, wie das Leben bleiben bei der Betrachtung der Ewigkeit nicht stehen. Nur sieben Tage später feiern wir Advent. Und mit jeder Kerze am Adventskranz wird es heller. Bis zu dem Augenblick, wo ein besonders heller Stern für uns Menschen zu strahlen beginnt und Gott wieder ganz nah zu uns Menschen kommt.
Pfarrer Olaf Glomke
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