Moment mal
von Wilfried Schmidt
Selbstverständlich
Vieles ist heute selbstverständlich. Auch vieles, was vor nicht langer Zeit eine Ausnahme war oder noch gar nicht bekannt oder erfunden war. Ja, wir haben uns an vieles gewöhnt. Gemüse aus dem Supermarkt. Wasser aus der Wand. Telefonieren von überall mit dem Smartphone. Fahrten über die ehemalige Grenze. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass wir gar nicht mehr wissen, wie gut es uns geht.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch! Ich möchte niemandem etwas madig machen. Über viele Dinge können wir uns von Herzen freuen. Was mich nur wundert: es fehlt sehr oft der Dank für den hohen Lebensstandart, den wir genießen dürfen. Eher ist Ärger und Unmut zu vernehmen, wenn mal eine Sache nicht so arbeitet, wie vorgesehen.
Viele haben das Danken verlernt. Dabei gehört es schon zum „Kinderknigge“, danke zu sagen. So las ich kürzlich in einer Zeitschrift für Grundschulkinder. Danken ist ganz selbstverständlich. Auch für die selbstverständlichen und kleinen Dinge. Sie sind der Rede wert, einen Dank, eine Anerkennung. In einem Lied heißt es z.B. „Dank für den Schutzmann mitten im Verkehr, dank für die Müllabfuhr und viel mehr“. Und wir finden noch viel mehr, wofür wir dankbar sein können.
Zugegeben, manche Leute machen es einem schwer, fröhlich Danke zu sagen. Da erhält man schon mal für ein herzliches Dankeschön als Antwort „Dafür nicht“. Es ist ja okay, wenn gewisse Dinge für jemanden selbstverständlich sind und doch tut uns gut, sie nicht als selbstverständlich ohne Dank schweigend anzunehmen.
Undank hat oft mit Gedankenlosigkeit zu tun. Klar kann es mal passieren, dass die Gedanken ganz woanders sind und dann die dankbare Reaktion ausbleibt. Nur ist es nicht gut, wenn es zur Gewohnheit wird.
Auch Gott gegenüber sind wir oft gedankenlos und vergessen das Danken. Das Erntedankfest will uns alle Jahre wieder daran erinnern, dass wir soviel Grund zum Danken haben. Auch für alles, was uns inzwischen selbstverständlich ist: die vielen Obst- und Gemüsesorten, unsere Kleidung, unsere warme, trockene Wohnung, das warme Wasser aus dem Hahn, ausreichend Nahrung bis zur nächsten Ernte, … Ja, an vielen Stellen sind zwar auch viele Menschen an unserem Standard beteiligt (auch ihnen kann man bei Gelegenheit danke sagen), aber dennoch ist es ein unverdientes Privileg, dass wir hier wohnen. In einem Gebiet, wo das Klima uns nicht so herausfordert wie an vielen anderen Stellen auf der Erde, wo seit langem kein Krieg mehr war, wo es keine Erdbeben gibt. Dafür können wir Gott von Herzen danken. Auch dafür, dass auf die Saat das Wachsen und die Ernte folgen und dafür, dass wir leben.
„Danken macht reich“, so heißt es in einem alten Zitat. Nein, nicht dass dadurch der Kontostand steigt oder der Gesundheitszustand besser wird oder das Auto neuer. Aber wir bekommen einen neuen Blick für das, was unser Leben ausmacht und es reich macht. So wird z.B. im Psalm 104, einem Lied aus dem alten Israel, voller Freude beschrieben, was der Mensch um sich herum wahrnimmt und am Ende steht dann staunend: Wie zahlreich sind deine Werke, HERR! Du hast sie alle mit Weisheit gemacht.
Ja, hinter allem dürfen wir Gottes Güte erkennen. Er hat die Erde geschaffen mit ihren Ressourcen. Er lässt jedes Jahr Blumen, Korn, Obst und Gemüse neu wachsen. Dafür und für noch viel mehr wollen wir ihm danken! Selbstverständlich.
Wilfried Schmidt, Wittenberge
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