Moment mal
von Pfarrer Sacha Sommershof
„Frieden gabst du schon, Frieden muss noch werden“. Diese Zeile stammt aus dem Segenslied „Komm, Herr, segne uns“, das sehr häufig am Ende von Gottesdiensten gesungen wird. Sie spiegelt das Dilemma wider, in der sich die Welt und mit ihr das Christentum in dieser Zeit befindet. Der Gedanke des Friedens ist ja eigentlich in der Welt und doch wird er immer wieder verworfen, obwohl der Mehrwert des Friedens jedem einleuchten sollte.
Im Johannesevangelium sagt Jesus: „Meinen Frieden gebe ich euch“ und setzt mit diesem Satz einen Doppelpunkt für alles, was Christen in dieser Welt tun sollen, nämlich diesen Frieden Jesu weitertragen. Friede auf Erden versprachen die Engel bei Jesu Geburt und in Anlehnung an alttestamentliche Verheißungen wurde Jesus als der Friedefürst der Welt verkündet. In den Geschichten über Jesu Leben wird deutlich, wie sehr sein ganzes Leben vom Geist der Gewaltlosigkeit und der Nächstenliebe geprägt war. Doch dieser Friede, den Gott durch Jesus Christus in die Welt gesandt hat, ist ein verletzlicher. Dies macht die Geschichte der Kriege und Auseinandersetzungen deutlich, in denen auch das Christentum und die Kirche oft keine gute Rolle gespielt hat. Erinnert sei an die Rolle der Kirchen in den zwei Weltkriegen des vergangenen Jahrhunderts.
Wie verletzlich der Frieden heute wieder ist, wird uns in diesen Wochen allen wieder vor Augen gestellt. Mit bangem Blick schauen wir in die Krisengebiete dieser Welt, in die Ukraine, in den Nahen Osten, nach Nordafrika. Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt scheint sich immer schneller zu drehen und nicht aufzuhalten zu sein. Für manchen bleibt dann nur noch eine Haltung der Resignation, „was kann ich schon tun“. Dass es dabei keine einfachen Antworten gibt, gehört zu den beschwerlichen Wahrheiten einer immer komplizierter werdenden Welt. Die gegenwärtige kirchliche Diskussion um einen „gerechtfertigten Krieg“ macht dies deutlich.
Umso wichtiger ist es, dass der Halbvers des Segensliedes „Frieden muss noch werden“ kein bloßer Wunsch bleibt, sondern von jeder und jedem beherzigt wird. Wahr ist zwar, dass die Kriege dieser Welt durch einen Einzelnen nicht beenden werden können, aber der Gedanke des Friedens muss im Kleinen, bei jedem persönlich anfangen, um sich weiter entwickeln zu können. Dies erfordert Anstrengungen, sich immer wieder der eigenen Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit bewusst zu werden, und seine Haltung und sein Handeln darauf auszurichten, statt die Verantwortung immer weiter zu schieben. Wie ein friedliches Miteinander aussehen kann, hat uns Gott mit dem Leben Jesu gezeigt und irgendwann kann man die Strophe des Segensliedes vielleicht umdichten: „Frieden gabst du schon, Frieden ist geworden“.
Ihnen allen wünsche ich eine friedvolle Woche, Ihr Pfarrer Sacha Sommershof.
Einen Kommentar schreiben