Moment mal
von Pfarrer Rudolf Klehmet
Draußen vor dem Tor...
In diesen Wochen vor Ostern bedenkt die Kirche seit alters her die Leidensgeschichte Jesu, die schließlich Karfreitag zu seiner Kreuzigung auf Golgatha, vor den Toren der Stadt Jerusalem führt.
Der Tod Jesu auf Golgatha hat viele Facetten, die Menschen heute noch betreffen. Ein Aspekt seines Todes wird z. B. in diesem Satz aus dem Hebräerbrief ausgedrückt: „Jesus hat gelitten draußen vor dem Tor.“
„Draußen vor dem Tor“ - was soll das heißen?
„Draußen vor dem Tor“ - dahin wurden damals in Jerusalem die Kadaver die Tieropfer aus dem Tempel entsorgt.
„Draußen vor dem Tor“, da fanden diejenigen ihr Ende, die aus der Gemeinschaft herausgefallen waren, die Verbrecher, die Verurteilten.
„Draußen vor dem Tor“ – das war auch der Hügel Golgatha, auf dem Jesus gekreuzigt wurde.
Draußen sind oft die , die anders sind als die Allgemeinheit, die anders leben bzw. leben müssen - auch heute. Man kann sich auch sehr „ draußen“ vorkommen, wenn man eine andere Meinung und Überzeugung vertritt als die Allgemeinheit. Man kann sehr einsam sein in seinem „Draußensein“.
Von Jesus wird gesagt, sein Markenzeichen ist geradezu das „ Draußensein“. Damit ist nicht nur sein einsamer Tod da „ draußen“ auf Golgatha gemeint, verhöhnt und verspottet von der etablierten Gesellschaft. Nein, schon in seinem Leben hat er sich gerade um die gekümmert, die „draußen“ waren, die Zöllner und Sünder und Ehebrecher. Damit war er in den Augen seiner Gesellschaft selber einer, der „ draußen“ war, und damit lädt er noch uns ein, diejenigen, die heute „draußen“ sind, nicht aus dem Blick zu verlieren.
In diesen Wochen und Tagen verfolgen wir mit Sorge die Ereignisse um die Krimkrise. Könnte der Gedanken an das „Draußensein“ Jesu bei der Konfliktlösung dieser Krise helfen? Sicher: Völkerbruch ist Völkerbruch. Diesen Vorwurf muss sich der russische Präsident Putin gefallen lassen. Aber hat der Westen zu dieser Entwicklung nicht auch beigetragen? Russland wurde seit Jahren immer weiter nach „draußen“ gedrängt. Ganz zu schweigen davon, dass der Westen das Völkerrecht mehrmals in jüngster Vergangenheit gebrochen hat. Der Irakkrieg sei hier als Beispiel genannt. Wie oft wurden missliebige Staatsführer vom Westen gestützt und blutige Diktatoren mit Waffen beliefert- alles im Namen der Freiheit. Deshalb ist die Selbstgefälligkeit des Westens fehl am Platze. Vielmehr sollte alles, wirklich alles versucht werden, Russland nicht nach „ draußen“ zu drängen. Schon die Wortwahl gegenüber Putin sollte bedacht werden. Ein ständiges Einprügeln auf ihn hilft niemandem, sondern vergiftet die gegenwärtige Situation nur noch mehr- mit ungewissem Ausgang.
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