Moment mal
von Pfarrer Sacha Sommershof
Dabei sein ist alles
Jetzt sind sie vorbei, die 22. Olympischen Winterspiele. Selbst wenn man sich nicht so sehr für Wintersport interessiert, konnte man sich den Berichten und stundenlangen Übertragungen kaum entziehen. Vor allem der Blick auf den Medaillenspiegel fesselte, zumindest solange Deutschland auf dem ersten Rang stand. Denn darum ging es ja in den vergangenen zwei Wochen, ganz vorne zu sein, zumindest aber zweiter oder dritter. Alle Plätze dahinter waren kaum der Rede wert, wie groß die Leistung auch immer gewesen sein mag. Die Fernsehkameras waren auf die Sieger gerichtet, auf die Einzel- und Mannschaftssieger, die jubelnd ihren Erfolg feierten. Von denjenigen, die keine Medaille umgehängt bekamen, war kaum mehr die Rede oder erinnern Sie sich noch daran, wer beim Slalom der Damen fünfte geworden ist? Nicht wenige Sportler machten ihrem Unmut über das ständige Starren auf die Anzahl der Medaillen Luft und forderten die Wertschätzung aller Leistungen ein.
Was man im Sport beobachten kann, taucht auch im normalen Leben auf: Wer sich besonders hervortut, bekommt die meiste Beachtung, die höchste Wertschätzung. Die Menschen, die eher im Verborgenen bleiben und dort ihr Möglichstes tun, bleiben allzu oft unbeachtet. Der Wert der Leistung, die jemand vollbringt geht dabei jedoch nicht immer mit dem Grad seiner Beachtung einher.
„Die Ersten werden die Letzten und die Letzten werden die Ersten sein“, so antwortete Jesus seinen Jüngern auf die Frage, was der Lohn ihrer ganzen Anstrengungen in der Nachfolge Jesu sein würde. Was auf den ersten Blick ein Thema behandelt, das vielen Menschen heute eher zweitrangig erscheint, nämlich die Frage nach einem gottgefälligen Leben, macht deutlich, wie umwerfend die Botschaft ist, die Jesus erst seinen Mitstreitern, später dann allen nachfolgenden mitgibt: Nichts ist so, wie wir Menschen es mit unseren Maßstäben glauben bewerten zu können. Jesus ordnet die Welt nicht nach dem Grad des Ansehens oder des Erfolges, sondern eröffnet eine ganz neue Perspektive auf die Wirklichkeit. Da ist nicht mehr derjenige der Angesehenste, der das meiste Geld hat, sondern der Arme. Nicht die Erwachsenen sind die allwissenden Vorbilder, sondern die Kinder zeigen, was der Himmel auf Erden bedeutet. Und nicht diejenigen, die vor lauter Glaubensgewissheit ihren Nächsten mit Arroganz zu begegnen drohen, rücken in den Blick der Barmherzigkeit, sondern die Ausgestoßenen und Zweifelnden.
Um Wertschätzung geht es Jesus oder biblisch gesagt um Nächstenliebe. Denn die Liebe zum Nächsten zeigt sich nicht zuletzt dadurch, dass ich ihn wahrnehme, ihm Beachtung schenke und das an ihm schätze, was ihn ausmacht. Der Maßstab der Nächstenliebe ist der Wert, den Gott uns allen gegeben hat, ganz gleich, wie wir vor den Menschen dastehen. Gott macht keinen Unterschied zwischen uns Menschen, ihm sind wir alle gleich viel wert mit all dem, was wir können und was wir auch nicht können. Er lädt uns in seine Gemeinschaft ein und da gilt dann: Dabei sein ist alles.
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