Moment mal
von Wilfried Schmidt
„Freude statt Angst“. So könnte man das Thema des Reformationstages benennen. Bald können wir diesen Tag wieder feiern. Für viele jedoch ist es ein Tag ganz anderer Art. Sie feiern Halloween Doch ist es gut, sich immer wieder an das erinnern zu lassen, was der ursprüngliche und eigentliche Sinn des Tages ist: die Entdeckung Martin Luthers. Es ist für uns kaum mehr vorstellbar, Angst vor Gott zu haben. Aber das war zu Luthers Zeiten ein Lebensgefühl, von dem viele Menschen bestimmt waren. Man wusste, dass Gott real ist. Keine Einbildung. Kein alter Herr, der sowieso nichts mitbekommt. Er hat den Durchblick, auch im Leben jedes einzelnen Menschen. Und da war dann schon die Frage: kann er mich lieben, so wie ich bin? Mit all meinen Fehlern, meiner Schuld? Man versuchte, Gottes Liebe und den Himmel zu verdienen. Doch wann hat man genug getan? So bliebt dann oft die Angst, ob es reicht.
Martin Luther entdeckte in der Bibel, dass Gott uns Menschen liebt. So wie wir sind. Wir müssen keinen bestimmten Level erreichen, ab dem Gott sich erst für uns interessiert und engagiert. Und seine Liebe schenkt uns die Kraft, Dinge in unserem Leben anzupacken, die nicht gut laufen. Es ist schon ein Unterschied, ob mir jemand sagt: „Ich interessiere mich erst für Dich, wenn Du das und das geregelt hast!“ oder ob uns einer sagt „Ich halte zu dir, egal was kommt. Und gemeinsam packen war an, was zu regeln ist. Und du wirst das Ziel erreichen.“
So ist der Reformationstag von Freude bestimmt, von der Freude über Gottes bedingungslose Liebe zu jedem einzelnen Menschen Heute erleben wir eher wieder eine Umkehrung: Aus dem Tag der Freude ist ein Tag der Angstmache geworden: verkleidete Kinder ziehen durch die Straßen und rufen „Süßes, sonst gibt's Saures!“ An vielen Stellen ist es sicher nicht mehr als harmloser Spaß, wo man auch gern was gibt. Kinder mögen es, sich zu verkleiden, und haben auch gern mal Macht über die Großen.
Was mich in der Halloween-Welle allerdings nachdenklich stimmt ist, sind drei Dinge:
Zum ersten: An mancher Stelle habe ich den Eindruck, was hässlich, unnatürlich und abstoßend ist, wird als cool und chic dargestellt. Was macht das mit der Seele, mit den Empfindungen eines Menschen, eines Kindes? Wie beeinflusst es seine Phantasie?
Zum zweiten: Viele Menschen haben keine Beziehung zum Glauben an Gott. Aber mit Halloween wird an einen Geisterglauben angeknüpft, der Menschen in echte Angst versetzte und ihnen die Lebensfreude wegnahm
Zum dritten: „Handy her oder du bekommst eins auf die Rübe!“ empfinden wir berechtigter Weise als falsch. „Gib uns Süßes sonst gibt’s Saures“ allerdings ist ja nur ein Spiel. Oder doch nicht? Wo ist der Übergang vom Spiel zum (bitteren) Ernst? Erkennen wir es? Und die Heranwachsenden? Spätestens dort, wo es nichts oder nicht genügend Süßes gab und darum irgendetwas z.B. beschmiert oder in anderer Weise beschädigt wird, hört der Spaß auf.
Wir jedenfalls haben unsre Kinder nie auf die Jagd nach süßen Sachen geschickt. Sie hätten es sicher sowieso nicht gewollt. Ganz nebenbei sparen wir so auch das Geld für die Kostüme. Und was wir da an Kosten sparen, können wir an anderer Stelle ausgeben. Zum Beispiel für „Weihnachten im Schuhkarton“ (eine Geschenkaktion für Kinder in armen Ländern). Und mit so einem Schuhkarton mit Spielzeug, Schulsachen oder anderen Dingen schenken wir Freude. Damit wären wir übrigens auch wieder beim Thema des Reformationstages: Freude!
Wilfried Schmidt
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