Moment mal
von Wilfried Schmidt
Hiobsbotschaften empfängt niemand gern. Was wissen Sie eigentlich von Hiob? Haben Sie schon einmal seine Geschichte gelesen? Er ist ein Mann, der bewusst Gott in sein Leben einbezog. Ein Mann, der dennoch viele schwere Schicksalsschläge einstecken musste. Als Bibelwort des Tages sind für heute zwei Verse aus dem Buch Hiob ausgelost worden (s.u.), aus dem Buch der Bibel, das den „Hiobsbotschaften“ den Namen gab.
Wer das Buch Hiob liest, begegnet mehreren Vorstellungen von Gott, verbunden mit verschiedenen Erwartungen, die an ihn gestellt werden.
Da ist das eine Bild von Gott, das bei den Freunden Hiobs zu finden ist: Du hast irgendetwas falsch gemacht, sonst würde Gott Dich nicht so bestrafen. Bekenne das, was falsch war und Gott wird es Dir wieder besser gehen lassen. Da ist Gott also der bestrafende, der Richter, der den Menschen auf den guten Weg zurückbringen will.
Hiobs Frau hat ein anderes Bild von Gott: Sag deinem Gott ab. Er hat Dir nicht geholfen. Was willst du noch von ihm. Es ist vergebliche Mühe. Sie sieht in Gott den, der alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumen muss. Wenn schon einer so fromm ist, dann muss man auch was davon haben. Gott als Versicherung, dass im Leben nichts schief geht. Ich zahle meine Frömmigkeit ein und er muss dann alle Schwierigkeiten des Lebens abfedern.
Und Hiob selbst fühlt sich von Gott ungerecht behandelt und klagt Gott an.
Zumindest das zweite und dritte sind uns heute nicht unbekannt. Es ist durchaus zu hören: „Das hat er nicht verdient!“ „Wie kann Gott das zulassen?!“ Oder auch die Bemerkung: „Ich habe gebetet und bin hin und wieder zum Gottesdienst. Trotzdem hat Gott mich nicht vor dieser schlimmen Krankheit bewahrt. Dann brauche ich ihn nicht mehr.!“
Wir finden uns manchmal wieder in Situationen, in den wir uns von Gott verlassen oder auch ungerecht behandelt fühlen und ihn nicht verstehen. Hiob klagt Gott an, klagt ihm sein schlimmes Leid. Er bleibt mit Gott im Gespräch und hat ihm nicht den Rücken zugewandt, denn er wusste: Auch jetzt ist Gott meine einzige Chance. Niemand anders! Wenn ich mich jetzt noch von ihm abwende, habe ich gar keine Hoffnung mehr.
Und Gott lässt Hiob klagen. Er lässt auch die Freunde reden. Er kann das ertragen.
Doch eines Tages kommt der Moment, wo Gott dem Hiob ganz bewusst begegnet und zu ihm unter anderem Folgendes spricht: „Wo warst du, Hiob, als ich die Erde gründete und zum Meer sprach: 'Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter! Hier müssen sich deine mächtigen Wogen legen!'“ (Hiob 38,4.11) Da erkennt Hiob: Wer bin ich, dass ich mich mit Gott anlegen kann! Ich kann Gott nicht auf Augenhöhe begegnen. Er ist der, der alles weise durchdacht und gemacht hat. Ich verstehe davon nur einen Bruchteil. Er hat den Überblick. Wie kann ich mich über Gott erheben und meinen, besser zu wissen als er, was gut, richtig und gerecht ist!
Es wäre allerdings falsch, daraus den Rückschluss zu ziehen, das wir alles stumm über uns ergehen lassen müssen. In den Psalmen, einem Liederbuch des alten Israel, entdecken wir viel Klage über Leid und Unrecht. Auch diese Menschen wussten, dass Gott ihre einzige Chance ist. In ihrem Klagen vor Gott fanden sie Trost und Hoffnung.
Gott ist bis heute eine gute Adresse für unsere Klagen! Er hört zu und er antwortet. Manche erleben eine Wende in ihrem Ergehen. Andere erhalten die Kraft zum Durchhalten aus dem Gespräch mit Gott. Er erspart uns nicht unbedingt das Leid, aber er lässt uns nicht allein! „Wir wüssten nicht, wie wir all das Leid tragen sollten, wüssten wir nicht um Gottes Gegenwart und seine Liebe zu uns!“ So sagte es mir einmal eine ältere Frau, die gerade ihren schwerkranken Mann fütterte. Und es wird einmal die Zeit kommen, wo wirklich alles Leid weg sein wird. Dann, wenn Gott seine neue Welt schaffen wird. In dieser Hoffnung dürfen wir leben. Mitten in aller Freude und auch mitten im Leid.
Wilfried Schmidt
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