Moment mal
von Pfarrer Sacha Sommershof
Unser ältester Sohn wechselt nach den Ferien in die weiterführende Schule. Dies ist für ihn ein großer Schritt und eine aufregende Veränderung. Vieles Neue wird auf ihn einstürmen, neue Mitschüler, neue Lehrer, ein neues Schulgebäude. Mindestens genauso aufregend wie für ihn ist dieser neue Lebensabschnitt für uns Eltern. Auch wir blicken mit einer Mischung aus neugieriger Gespanntheit und sorgenvoller Skepsis auf all das Neue, das nun kommen wird. Für viele ist ein neues Schuljahr eine Zeit, in der sie sich auf Neues einstellen müssen. Und selbst die, die ihre Jahresplanung nicht auf die Ferien ausrichten, können sich dem Gefühl nicht entziehen, dass der Alltag nach den großen Ferien nun wieder neu losgeht.
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, diese Zeile aus dem Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse kommt mir da in den Sinn. Doch so romantisch, wie diese Worte es vermuten lassen, ist doch ein neuer Anfang eigentlich nicht, oder wie geht es Ihnen damit? Manchmal ist es natürlich aufregend, wenn man noch einmal neu anfangen kann oder muss. Es ergibt sich dann die Chance, Pläne zu schmieden, um alles anders und vielleicht auch besser machen zu können. Manchmal jedoch werden wir nicht gefragt, ob wir Neues in unserem Leben wollen. Veränderungen bedeuten immer eine gehörige Portion Unsicherheit. Wer möchte da schon das Alte aufgeben? In der Bibel wimmelt es geradezu von Geschichten, in denen Menschen etwas Neues angefangen haben, freiwillig oder unfreiwillig. Abraham zum Beispiel sollte sein komfortables Leben aufgeben, um in das von Gott verheißene Land zu ziehen, ohne genau zu wissen, was ihn da erwarten würde. Petrus gab sein Fischerhandwerk auf, um einer der Jünger Jesu zu werden, ohne die Garantie, etwas davon zu haben.
Jedes Lebensalter hat seine ganz eigenen Neuanfänge. In Hesses Gedicht heißt es: „Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht, blüht jede Altersstufe, blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.“ Beginnt man etwas Neues, lässt man Altes zurück, ohne es zu verlieren, denn alles gehört zu einem Leben dazu. Bei aller Ungewissheit gibt es dennoch etwas, das durch alle Veränderung hindurch gleich bleibt, nämlich das Versprechen Gottes, mit uns zu sein. „Ich bin der Anfang und das Ende“, sagt Jesus. Zwischen diesen beiden Polen spielt sich unser Leben ab, mit allen Neuerungen, mit allen Veränderungen, mit allem Schönen und mit allem, was uns Angst macht. Daher können wir voll Vertrauen das Neue annehmen, unsere Schritte in das Unbekannte setzen. Nichts kann uns geschehen, weil Gott uns am Anfang und am Ende mit seinen liebenden Händen umfängt. Und dann entdecken wir vielleicht in der Tat den Zauber des Anfangs, des Neuen, in der Schule, in den neuen Begegnungen oder einfach in all dem Neuen, das jeder Tag bereit hält.
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