Moment mal
von Pfarrer Dr. Alexander Heck
„Erdbeereis auf Lebenszeit“
Ein bekannter Song von Herbert Grönemeyer heißt „Kinder an die Macht“. Darin wird eine bessere Welt gezeichnet. Armeen sind aus Gummibärchen, Panzer aus Marzipan, es gibt kein Gut und kein Böse, sondern nur Zahnlücken und statt zu unterdrücken gibt es Erdbeereis auf Lebenszeit. Ist es das, was Jesus im Sinn hat, als er die Kinder in besonderer Weise würdigt und segnet? „Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn ihnen gehört das Himmelreich.“, so heißt es in der Bibel. Was Jesus hier tut, ist eine Umwertung aller Werte. Gilt doch bis heute das Kindliche eher als „süß“, als dass man es ernst nehmen und sich an dieser Art kindlichen Unschuld in seinem Handeln orientieren könnte. Die Abwertung alles Kindlichen hat längst Einzug in unsere Sprache gehalten, wenn wir urteilen: „Das ist doch kindisch!“ Für Jesus steht dagegen den unmündigen Kindern das Himmelreich, das Reich Gottes offen. Ihr Wort und Gotteslob gelten genauso viel wie das der Erwachsenen. Ihr Kinderlachen und fröhlicher Gesang zählen mehr als gelehrte Bücher und geschliffene Reden.
Wenn Jesus die Kinder seligpreist, dann will er nicht Generationen gegeneinander ausspielen. Nicht alt gegen jung, erfahren gegen unerfahren, sondern er will zeigen, dass es vor Gott und in seiner Gemeinde keinen Unterschied in der Wertschätzung gibt. Aber gerade diese Wertschätzung, die jedem Menschen gilt, so wie er ist, mit seinen Fertigkeiten und Unfertigkeiten, ist eine deutliche Kritik an unserer modernen Leistungs- und Spaßgesellschaft. Bei uns gilt doch nur derjenige, der viel arbeitet, auch als würdig, Spaß haben zu dürfen. „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht feiern!“ – so lautet doch ein Credo unserer Zeit. Aber für Jesus sind nicht die Tüchtigen das Maß aller Dinge, nicht die Fertigen oder Erfolgreichen. Nicht an ihnen darf sich entscheiden, wer im Leben etwas gilt. Die Perspektive der Kinder, die Jesus fordert, lenkt unser Mitgefühl auf die Langsamen, die Unfertigen, die, die noch wachsen im Leben. „Kinder an die Macht“? Wenn wir von den Kindern, wie es im Song von Grönemeyer heißt, in Grund und Boden gelacht werden, dann ist das vielleicht eine Art von Lobpreis, den sich Gott aus ihrem Mund bereitet hat. Denn ist es manchmal hilfreich mit den Kindern herzlich über unsere ach so erwachsene Welt zu lachen. Dann sind wir nicht weit weg vom Himmelreich, in dem wir sein werden wie die Träumenden und unser Mund voll Lachen sein wird. Und am Ende heißt es dann nicht: „Kinder an die Macht“, sondern „Gott alles in allem“.
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