Moment mal
von Pfarrer Albrecht D. Preisler
Wochenspruch für die Woche vom 30. Juni bis 6. Juli:
Denn aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Geschenk ist es.
(Epheser 2,8)
Wohin fahren Sie in den Urlaub? Das ist vielleicht die am häufigsten gestellte Frage in den letzten Tagen und Wochen. Die Werbung zeigt sommerliche Produkte, die Schaufenster der Reisebüros werden womöglich noch bunter. Und im Radio wird vor den Gefahren intensiver Sonne gewarnt. Und nicht zuletzt: immer genug trinken!
Eine andere Frage wird hingegen kaum mal gestellt: Warum fahren Sie in Urlaub? Mal ein bisschen entspannen, raus aus dem Ganzen, mal was Neues sehen, mehr Zeit für mich, mehr Zeit für die Familie, mal die Sau raus lassen, in die Berge, ans Meer, viel Sport, ich komme sonst ja nicht dazu.
Leider läuft es manchmal ganz anders. Der Urlaub hält nicht, was er verspricht. Das Neue haben schon Tausende vor mir entdeckt. Selbst die Postkartenverkäufer sprechen perfekt Deutsch. Die Entspannung will sich nicht einstellen. Das Hotel ist laut, der Service schlecht, das Essen mies. Es regnet. Oder es ist zu heiß. Die Berge sind zu steil, der Strand völlig überlaufen, das Wasser zu kalt. Es gibt Quallen. Oder Algen.
Nach einer Woche kann man sich vielleicht nicht mehr in die Augen sehen. Sich selbst morgens im Spiegel nicht, aber auch die anderen gehen auf die Nerven. Dann freuen sich schon bald alle auf die Rückfahrt.
Für unseren Alltag, für unser Leben stellen wir auch meistens die Frage nach dem Wohin. Was mache ich aus meinem Leben. War das Zeugnis gut genug für die gewünschte Berufsausbildung, den Studienplatz. Ist meine Chefin mit meiner Arbeit zufrieden. Kann ich mein Haus bauen, meine Freizeit intensiv gestalten, klappt es in der Liebe und mit dem Nachbarn? Daran messen wir unser Leben: an erreichten Zielen, an geschaffenen Werten, an der Zahl der Gäste zu unseren Geburtstagen, an den Schulnoten, am Erfolg in der Arbeit, am Geld, das wir verdienen. Und kaum einer stellt die Frage nach dem Warum.
Was passiert eigentlich, wenn es nicht so klappt wie geplant? Ich verlasse die Schule mit einem schlechten Zeugnis, vielleicht so gar ohne Abschluss. Meine Chefin plant im nächsten Quartal ohne mich, meine Freunde planen ihren nächsten Ausflug allein. Ach so, wir dachten du hättest keine Lust. Was ist, wenn ich mir selbst so auf die Nerven gehe, dass ich mich manchmal nicht leiden kann? Was ist, wenn die anderen mich nicht mehr mögen?
Beim Urlaub kommt nach ein paar Tagen oder Wochen die Rückfahrt, aber das Leben geht weiter.
Für uns sind alle diese Dinge, die man zählen kann, so unheimlich wichtig. Euro, Abschlüsse, Erfolge, Gehälter, Freunde, Geschenke. Warum? Was zwingt uns, immer diese Dinge zum Maßstab unserer Beurteilung zu machen – für unser eigenes Leben und das der anderen?
Für Gott zählen andere Dinge. Gott rechnet nicht Verdienste gegen Verfehlungen, Erfolge gegen Misserfolge auf. Für Gott ist nicht entscheidend, ob die eine mehr verdient als der andere. Wer vor Gott treten will, muss keine Zeugnisse vorlegen. Gott sieht uns Menschen als Menschen. Einfach so.
Das wäre doch mal was Neues: Die anderen als Menschen sehen. Einfach so. Nicht darauf achten, was einer kann oder schafft oder hat. Sich selbst so sehen ohne Druck. Ohne Müssen. Das Leben als Geschenk sehen, das ich empfangen und teilen kann.
Vielleicht gelingt es uns so, ein Leben zu führen, das keinen Urlaub braucht, sondern ihn einfach genießt, was auch immer kommt.
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