Moment mal
von Pfarrer Dr. Alexander Heck
Von der Kunst, die Geister zu scheiden
Es sind nicht die kleinen Geister, wie sie gerade noch zu Halloween an unseren Türen klingelten, um uns vor die Wahl zu stellen: „Süßes oder Saures“. Weitaus unbequemer und manchmal auch beängstigender sind die Geister, die sich in uns tummeln oder wie ein Schalck uns im Nacken sitzen. Sie lassen uns häufig erst gar keine Wahl und drohen uns innerlich zu zerreißen. Hin und her gerissen zwischen dem, was wir im Grunde unseres Herzens wollen und dem, was wir dann tatsächlich tun. Wir kennen ihre Namen. Sie heißen „Eigentlich“ oder „Aber“. Dort, wo wir uns etwas erträumen oder wünschen, da flüstern sie uns zu: „Aber das kannst du doch gar nicht bezahlen …“, oder: „Aber dafür bist du doch viel zu alt …“. Und da, wo wir Anforderungen oder Erwartungen nicht entsprachen oder wo wir aus der Haut gefahren sind, da kleiden diese Geister unser Versagen in die Worte: „Eigentlich wollte ich das gar nicht ….“. Wer ständig „eigentlich“ sagt, lebt nicht mehr selbst, sondern wird gelebt – von äußeren Umständen oder inneren Begierden. Wer ständig „aber“ sagt, hat sich längst verunsichern lassen – von den eigenen Versagensängsten oder den lautstarken Dampfplauderern.
Wie bekomme ich mein Leben wieder in den Griff? Heraus aus seiner Umklammerung durch jene Geister, die „eigentlich“ vielleicht helfen, „aber“ in Wirklichkeit ihre Macht ausspielen wollen? Nur eines vermag diese Geister in uns wirkungsvoll zum Schweigen zu bringen. Es ist der Geist der Liebe. Allerdings einer besonderen Liebe. Nicht einer Liebe, die nach Attraktivität oder Sex-Appeal fragt. Nicht einer Liebe, die verdient werden muss. Sondern einer Liebe, die sich verschenkt. Gott verschenkt seine Liebe. In seinen Augen sind Menschen bedingungslos geliebt, wirklich anerkannt und akzeptiert – ohne Wenn und Aber. Das weckt die Lebensgeister, die die „Aber-Geister“ vertreiben. In der Nähe des Versprechens seiner Liebe mögen wir die Überzeugung wieder gewinnen, gerade unser kleines Leben sei in Wahrheit das Schönste, was Gott sich ausgedacht hat. In der Nähe des Versprechens seiner Liebe können wir wieder empfinden, dass das Wenige, was wir wirklich zum Glück brauchen, bereits wie von selbst in unserem Herzen lebt. Dafür steht der christliche Glaube. Für die heilsame Unterscheidung der Geister und die heilende Neuordnung unserer Gedanken aus dem einen Versprechen heraus, dass Gott jeden Menschen liebt. Ohne Wenn und Aber.
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