Moment mal
von Pfarrer Dr. Alexander Heck
„Was macht, dass ich so fröhlich bin?“ – Gedanken zur Religion
Nach wie vor verbindet die Mehrzahl der Menschen mit dem Begriff „Religion“ ein „Du sollst“ oder „Du sollst nicht“. Dabei meint Religion etwas ganz anderes als die Kultivierung eines moralischen Zeigefingers. Seine ursprüngliche Wortbedeutung ist „Rückbindung“. Das bezieht sich auf den Umstand, dass religiöse Menschen eine Verbindung zu etwas aufgegeben haben und ihr Leben als Aufgabe betrachten, eine neue Bindung einzugehen. Sie verabschieden sich von der Illusion, stets des eigenen Glückes Schmied zu sein und binden sich zurück an Gott, dem sie glauben, dass er ihr Leben gründet. Religiöse Menschen sind darum religiös, weil sie sich abhängig fühlen von einem, für den sie gut genug sind und der sie darum unabhängig macht von allem, was ihnen einreden will, nicht gut genug zu sein. Auf diese Weise sind religiöse Menschen freie Menschen; frei gegenüber allen Mächten der Welt, die ihren Wert bestimmen wollen. Der Mensch ist mehr als sein Beruf, sein Bankkonto oder sein Auto über ihn je aussagen können.
Als derart freie Menschen sind religiöse Menschen nicht moralinsauere, sondern gerade fröhliche Menschen. Was macht, dass sie so fröhlich sind? Der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch hat dies in unvergleichlicher Weise beschrieben: „Was macht, dass ich so fröhlich bin? In meinem kleinen Reich. Ich sing und tanze her und hin. Vom Kindbett bis zur Leich. Ich bin vergnügt, erlöst, befreit. Gott nahm in seine Hände meine Zeit; mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen, mein Triumphieren und Verzagen, das Elend und die Zärtlichkeit.“ Darum sind religiöse Menschen so fröhlich, weil sie Vollkommenheit nur von Gott erwarten und nicht sich selbst oder andere unter den Zwang stellen, vollkommen sein zu müssen. Sie sind darum so fröhlich, weil sie eine Kirche haben, einen Kraftort, an dem ihre Tränen und ihr Jubel geheiligt werden. Sie sind darum so fröhlich, weil sie eine Tradition haben, die ihnen eine Sprache verleiht, wo die eigenen Worte fehlen. Sie sind darum so fröhlich, weil sie Brüder und Schwestern im Glauben haben, um nicht alle Träume alleine träumen und nicht alle Niederlagen selbst einstecken zu müssen.
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