Moment mal
von Pfarrer Dr. Alexander Heck
Der unerwartete Preis des Urlaubs und die Verlockungen des Glaubens
Urlaub! Endlich kann all das gemacht werden, was im Alltag liegen blieb: mehr sportliche Bewegung, mehr Zeit für den Partner und die Kinder, mehr Ruhe für die eigene Seele. Dafür machen wir uns auf den Weg: Auf Berge, zu Seen, ans Meer. Wir ziehen aus unserem Alltag aus, verlassen die Gewohnheiten. Unter diesem Anspruch, endlich das tun zu können, was man schon die ganze Zeit tun, aber wozu man einfach nicht kommen wollte, wächst der Druck. Die Erwartungen sind groß. Zu groß. Da soll in wenigen Wochen das eigene innere Vakuum gefüllt werden, das in Monaten entstanden ist. Wo der Alltag von jedem ständig etwas verlangt, bleibt das eigene Verlangen auf der Strecke. Da wächst die Sehnsucht nach Glück, der Wunsch nach unmittelbarem Erleben, die Hoffnung auf erfüllte Zeit. Es gibt aber ein Leiden, das durch überhöhte Erwartungen entsteht; die Erwartung, man könne auf der Strecke gebliebene Romantik im Urlaub nachholen oder könne endlich mal ohne Termindruck Gemeinschaft in der Familie pflegen. Doch nichts und niemand kann das im Urlaub erfüllen. Der unerwartete Preis ist diese strapaziöse Entdeckung: Das Leben lässt sich nicht dauerhaft verschieben und dann in kurzer Zeit nach- oder aufholen.
Der christliche Glaube kennt diesen Preis und verlockt dazu, das Leben nicht zu vertagen. Weder auf den Urlaub und schon gar nicht auf den Jüngsten Tag. Es braucht die Unterbrechungen mitten im Alltag und darin Räume der Freiheit. Daran erinnern bis heute die Zehn Gebote. Sie sind mehr als bloße Sittenregeln. Sie sind Sätze der Freiheit. Sie verlocken zu größerem Reichtum des Lebens. „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben!“ – Das heißt so viel wie: Lass Dich nicht von anderen Mächten gefügig machen, die deine ständige Dienstbarkeit und Verfügbarkeit verlangen. Das sind die falschen Götter der Atemlosigkeit und der Unrast. Wir müssen nicht selbst im Leben allem und allen genügen. Der wahre Gott will, dass er uns genug ist. Das genügt. Er löst den Druck, alles müsse stets vollkommen sein. „Gedenke des Sabbats. Halte ihn heilig!“ – Das heißt so viel wie: Verweigere Dich zumindest an einem Tag der Woche dem Reich der Zwänge. Erinnere Dich dann an das Glück und die Schönheit des eigenen Anfangs, nämlich nicht aus Zufall und nicht nur aus Zeugung, sondern von Gott aus Liebe ins Leben gerufen worden zu sein. Er wollte, dass ich bin und wachse. Allein schon diese beiden Gebote verlocken zu einem Leben, das nicht erst im Urlaub beginnt. Schönen Urlaub!
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