Moment Mal

von Pfarrer Valentin Kwaschik

Die Prignitz ist wundervoll, weltoffen. Hier, jenseits der äußersten Ränder der Speckgürtel von Berlin und Hamburg, ist das Leben schön. Alle Menschen sind willkommen. Es gibt viel Platz und Gemeinsinn. Hier wird miteinander angepackt. Wer einen Arbeitsplatz sucht, findet einen. Besonders Ärzte, aber auch Handwerker*innen, technisch Begabte, Pflegende und Pädagog*innen, Pfarrer*innen, Kulturschaffende und Kunsttreibende. Wohnraum ist ziemlich günstig und Erholung gibt es direkt um die Ecke. In der Prignitz kannst du dich wohlfühlen.

Ist das ein Märchen oder Wirklichkeit? War das mal so oder wird es erst so werden? Die Beantwortung dieser Fragen hängt wahrscheinlich am Umfeld, in dem ich mich bewege. Vieles, was wir hier in der Prignitz miteinander erleben ist tatsächlich wundervoll. Anderes scheint entweder verloren zu gehen oder in weiter Zukunft zu liegen. Weltoffen – passt das zur Prignitz? Manchmal höre ich: „Mein Hof und Garten ist meine ganze Welt. Ich brauche nichts darüber hinaus.“ Und ich staune, wenn Menschen, die 40 Jahren in der Prignitz leben, noch als Fremde gelten.

Diese Dinge gehen mir durch den Sinn, während ich durch Perleberg schlendere und fremdenfeindliche Aufkleber entferne. „Grenzen dicht“, „National. Hetero. Weiß“ oder „NS-Zone“ muss ich da lesen. Mancher fragt mich, warum ich mich so darüber aufrege, es sei doch nur Papier. Ich ärgere mich, welche Bilder und Sprüche wir in unserer Öffentlichkeit dulden. Und fürchte, dass solche Sprüche irgendwann gar kein Ärgernis mehr sind. Meiner Wahrnehmung nach ist in den letzten Jahren vieles im öffentlichen Gespräch salonfähig geworden, was wir vorher in unserem Land überwunden hatten.

Wundervolle Prignitz?! Für mich ist ein Heimatgefühl eng mit den Menschen vor Ort verknüpft. Ob die Prignitz wundervoll ist oder nicht hängt davon ab, wie wir miteinander umgehen. Welche Worte und Parolen wir nutzen und dulden. Ob es gelingt gemeinsam anzupacken.

Als Christ lebe ich damit, dass Jesus eine wundervolle Welt angekündigt hat. Jesus hat Menschen vom Rand der Gesellschaft an seinen Tisch gebeten und sich nicht vor Streitgesprächen mit Andersdenkenden gefürchtet. Manchmal wünschte ich, es würde mehr davon auch heute gelingen. Wir brauchen diesen Zusammenhalt aller, damit unsere wundervolle Prignitz auch so erlebbar ist.

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