Moment Mal

von Pfr. i.R. Stephan Flade

Ein himmlischer Abend

Sommerabend. Die Straßen sind leer, ein paar Autos queren die Kreuzungen. Zwei Radler, kaum Fußgänger - der Hitze wegen.

Durch den kühlen Friedhof geht es zum Schwanenteich. Im 1.Weltkrieg war er von russischen Kriegsgefangenen für die Friedhofs-Anlagen ausgehoben worden, der „Russen-Teich“. Jetzt vom Schilf umwachsen, singende Vögel, ein Paradies. Das Musik- und Kleinkunst-Festival der Elbland-Festspiele hatte da für eine Woche ihr Quartier. Auch für Vivaldis „Vier Jahreszeiten“.

Fröhlich angeregtes Palaver empfängt uns. Auch ein „musikalisches Karussell“. Frauen und Männer mit kühlenden Getränken. Kindergeplapper, Hundegebell. Inmitten Musiker auf einer
überdachten Bühne. „Und das soll ein Vivaldi-Abend werden?“, denke ich. Überraschung pur. Im Karussell stakt uns sportlich der Chef im Kreis. Ein Duo singt dazu ein spanisches Volkslied.

Es wird stiller. Das Orchester stimmt die Streich-Instrumente. Die Kinder spielen leiser. Die brummigen Gespräche der Erwachsenen ebben ab. Alle spüren: Das ist keine Disco mit halliger Background-Musik. Sie erleben die Musiker. Diese zeigen ihr großartiges Handwerk. Lebendig streichen sie Töne, Akkorde und Sequenzen. Eine hingebungsvolle Spannung.
Beeindruckend ist die großartige Gestaltung. Die erwartungsvollen Menschen zaubern ein hörbereites Wittenberge, in einer farbenfrohen Mischung. Ein himmlischer Abend.

Bereits der Vormittag begeisterte 150 Grundschüler*innen. Meister Antonio selbst erklärte seine Komposition. Nun sind es Familien, und Menschen zwischen 35 und 80 Jahren aus Verwaltung, Handwerk, Betrieben, Schulen, Kirchen und Arztpraxen. Über 200 hingebungsvolle Zuhörer*innen. Nach den Bravo-Rufen für die Künstler trifft man sich am Getränkewagen oder in den Bankreihen.

Der Schwanenteich wird friedlich genutzt. Lebendige Schöpfung, anregende Musik und fröhliches Miteinander ergänzen sich. Eine Konversions-Geschichte vom Krieg zum Frieden wird belebt. Eine Woche lang und in Zukunft wieder...

Einen angenehmen Sommer wünscht Ihnen
Stephan Flade

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