Moment Mal

von Pfarrer Helmut Kautz

Die Mutter leckte es trocken und stupste es mit der Nase an. Das neugeborene Fohlen versuchte mehrmals auf die Beine zu kommen. Dann stand es und –suchte zielstrebig nach dem vollen Euter der Mutter. Es dauerte eine Weile bis der kleine Hengst die Quelle fand. Dann trank das neue Lebewesen mit vollen Zügen und der kleine Fohlenschweif wedelte voll Wonne.

Was für ein Wunder! Ohne Coach oder zehnsprachige Bedienungsanleitung und ohne Vortrag der Stute –es trank den Lebenssaft in sich hinein. Gelobt sei der Schöpfer für solch ein harmonisches, zielgerichtetes Geschehen! Die enge Beziehung von Fohlen und Stute wird für das neugeborene Tier das Überleben sichern.

Wie verzweifelt wäre das Bild, wie es leider manchmal vorkommt, wenn die Stute vergeblich das Fohlen anstubst und das Kleine nicht trinkt? Ohne menschliche Hilfe, wäre es dem Tode geweiht. Wir Menschen sind auch auf Beziehungen angewiesen: zu unserer Mutter, zur Familie, der Dorf- oder Stadtgemeinschaft, zu Arbeitskollegen und - so glauben es wir Christen - zu Gott.

Diese Beziehung zu Gott ist oft gestört. Der Eine verneint seine Existenz, der Nächste hat noch nie über IHN nachgedacht, der Andere ist zornig auf ihn, der Vierte hat Angst vor ihm. Zwischen uns und Gott kann ein regelrechter Abgrund sein. Die Bibel nennt das Sünde. Das deutsche Wort hat eine Verwandtschaft mit „Sund“, welches in Stralsund enthalten ist. Das bedeutet die Stadt am Sund. Wir bezeichnen den „Sund“ als „Bodden“ zwischen Stralsund und Rügen.

Nun haben wir die Möglichkeit über diesen Abgrund zu gehen. Seit Ostern liegt eine Brücke über dem Abgrund! Jesus der Auferstandene macht den Weg frei zu einer lebendigen Beziehung zu Gott. Jeder, der an IHN glaubt und als den Christus bekennt, geht über diese Brücke zum ewigen Leben.

Die christliche Kirche spricht das Angebot Gottes den Menschen in der Taufe zu. Die Annahme dieser Zusage wird als Neue Geburt bezeichnet. Und die „Neugeborenen“ brauchen Milch. So heißt es im 1. Petrusbrief: „Hört auf mit aller Bosheit und allem Betrug! Heuchelei, Neid und Verleumdung darf es bei euch nicht länger geben. Wie ein neugeborenes Kind nach Milch schreit, so sollt ihr nach der unverfälschten Lehre unseres Glaubens verlangen. Dann werdet ihr im Glauben wachsen und das Ziel, eure endgültige Rettung, erreichen.“

Noch in der koptischen und äthiopischen christlichen Kirche bestand der Brauch, den Täuflingen nach Verlassen des Taufbeckens Milch und Honig gemischt zu reichen. „Milch“ meint die überschüttende Zusage der Liebe Gottes, seines Heils und seiner Rettung aus Sünde und Tod. Das Wunder, das ein Mensch glaubt, das bewirkt allein Gott. Die Milch der guten Nachricht in aller Demut aber fröhlich zu den Menschen zu bringen, sie anzustupsen, wie eine Stute ihr neugeborenes Fohlen und zu sagen: „Komm zur Quelle des Lebens!“, das hat Jesus selbst den Christen aufgetragen.

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