Moment Mal

von Superintendent i.R. Peter Heß

Eine Reformation fürs Leben

Da kämpft ein junger Mann (Martin Luther) mit sich und mit Gott. Er weiß um die guten Orientierungshilfen Gottes. Die 10 Gebote sind ihm bekannt. Arbeit und Ruhe, Familie und Ehe, Wahrheit und Eigentum sind Themen und Lebensbereiche, bei denen Gott uns helfen möchte ein gelingendes Leben zu ermöglichen. Immer wieder spürt er aber wie oft es ihm nicht gelingen will. Bei besten Vorsätzen leidet er an seinem Scheitern. Er leidet an seiner Unvollkommenheit und Schwachheit.

Wie kann Gott ihn so lieben? Auch wenn die Frage nach Gott heute nicht mehr so im Mittelpunkt steht, kennen wir dieses Leiden an unseren Unzulänglichkeiten und Grenzen ebenso. Selbstanklage und Selbstzweifel können quälen und der Schmerz auch denen, die mir lieb sind, soviel schuldig zu bleiben.

Luther leidet an sich und dem Gedanken, Gott würde den Schwachen und Schuldigen fallen lassen.

Da entdeckt er den liebenden, barmherzigen Gott, der nicht anklagt sondern Vergebung und Entlastung anbietet. Gott bindet sich in seiner Liebe nicht an Leistung und Erfolg. Seine Liebe ist bedingungslos und ermöglicht einen Neuanfang. Er freut sich über jeden, der sein Scheitern mit der Bitte um Vergebung eingesteht. Gottes Herz ist Liebe, grenzenlose Liebe! Das ist kaum zu verstehen. Ist es nicht irgendwann genug? Einmal reicht es doch!  Es muss auch einmal Schluss sein!

Nicht so bei Gott! Weihnachten wird uns neu erinnern, dass das Kind in der Krippe der Mensch gewordene Gott ist. Seine Liebe sucht die Nähe zu uns. Der sterbende Jesu am Kreuz öffnet dem straffälligen Mann neben sich den Zugang in Gottes Erbarmen.

In seinem Sterben ist alle Schuld der Welt vor Gott und untereinander, alle Angst, aller Schmerz, alle Verzweiflung aufgehoben.

Drei Worte, „Es ist Vollbracht“, es ist alles gut, weil Jesus es gut gemacht hat. Seine Liebe ist unbezahlbar. Es ist ein Geschenk, jenseits aller Selbstgerechtigkeit und Selbstgefälligkeit, bei der immer die Anderen, manchmal sogar Gott böse ist, Vergebung zu suchen, zu finden und zu schenken.

Da erleben wir Annahme und echte Liebe. Da darf ich mich selbst annehmen und auch den anderen mit seinen Grenzen.

Luthers Entdeckung damals hat sein Leben und auch die Kirche verändert. Darum trieb es ihn, die Bibel zu übersetzen, damit jedermann in diesem alten Buch schwarz auf weiß lesen könnte, mit wie viel Liebe und Geduld Gott durch die Geschichte hindurch sich um seine Welt und seine Menschen müht. Der 31. Oktober ist ein Tag, der uns einlädt, Gottes „Reformen“ in unserem Leben zuzulassen. Das gilt ganz persönlich. Gleichermaßen ist das Angebot von „Reformen“ in allen Bereichen unserer Gesellschaft und immer auch in unseren Kirchen vorhanden. Das macht Hoffnung!

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