Moment Mal

von Wilfried Schmidt

Viele werden sich erinnern, diese Mahnung als Kind gehört zu haben: ‚Wie sagt man, wenn man ein Geschenk bekommen hat?‘ Irgendwie gehört das Danke zur guten Erziehung dazu.

Es ist jedoch weit mehr als eine gut einstudierte Formel, die anderen in bestimmten Situationen automatisch zugeworfen wird. Schon im 17. Jahrhundert brachte es Francis Bacon auf den Punkt: „Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“ Wenn der Dank von Herzen kommt und mehr als eine einstudierte Etikette ist, dann öffnet er uns die Herzen für den Reichtum, der unser Leben ausmacht.

Wenn ich für etwas danke, nehme ich es bewusst wahr. Ich unterbreche meine Gedanken, um meine Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand oder seinen Geber, auf einen Anblick oder ein Gefühl zu lenken. So wie Kinder den kleinen Falter am Wegesrand nicht im Vorbeigehen erfassen, sondern stehen bleiben und sich hinhocken und zuschauen.

Sicher haben wir nicht Zeit, um uns jeder noch so kleinen Sache zu widmen. Aber zumindest ist daran unsere Grundeinstellung zu erkennen. Sehen wir kleine Wunder am Wegesrand, vielleicht zum hundertsten Mal? Oder ringt uns das nur ein müdes Lächeln ab: Kenn ich schon! Nix Neues mehr!

Wenn ich für etwas bewusst danke, dann ist das immer auch Wertschätzung. Ich sehe die Zeit und die Mühe, die jemand anderes investiert hat. Die Vertrautheit mir gegenüber, die jemand zeigt. Ich sehe den praktischen oder ideellen Wert eines Geschenks, die Einzigartigkeit eines Augenblicks, die zwecklose Schönheit eines Falters, die mir die Größe unseres Schöpfers neu bewusst macht.

Je mehr ich in meinem Alltag als wertvoll erkenne und dafür danke, umso mehr werden meine Augen geöffnet für die kleinen und großen Dinge, die mein Leben reich machen. Gewiss, kein Reichtum, den ich aufs Konto schieben kann, den ich aber im Herzen sammeln kann. Reichtum, der mir zeigt, dass ich ganz persönlich meinem Schöpfer wichtig bin und er es immer wieder drauf anlegt, wir Freude zu bereiten.

Mich erinnert das auch an ein Lied aus der Bibel. In Psalm 104 heißt es (Vers 24): „Herr, welch unermessliche Vielfalt zeigen deine Werke! Sie alle sind Zeugen deiner Weisheit, die ganze Erde ist voll von deinen Geschöpfen.“

Die Freude des Liederdichters nimmt mich mit. Sie lässt mich erkennen, dass auch ich heute viel Grund zum Danken habe und Gottes Wirken an vielen Stellen erkennen kann. Und sich in seiner Hand zu wissen, tut einfach gut. Gerade in solchen Zeiten wie diesen.

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